Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil15.06.2011
FG Baden-Württemberg: Treppenschräglift bei starker Gehbehinderung steuerlich vollständig absetzbarMedizinisches Hilfsmittel zur Nutzung für das Treppensteigen unzweifelhaft erforderlich
Ein stark gehbehinderter Mensch kann die Kosten für den Einbau eines Treppenschräglifts im Garten als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend machen. Dies entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls ist aufgrund einer außergewöhnlichen Gehbehinderung zu 90 % schwerbehindert (Merkzeichen G und aG) und bewohnt seit ihrer Kindheit ein Wohnhaus auf einem Hanggrundstück mit Garten. Die Frau ließ sich in ihrem Garten einen Treppenschräglift einbauen. Die Kosten in Höhe von ca. 63.000 Euro für den Einbau machte sie als außergewöhnliche Belastung geltend.
Finanzamt erkennt nur geringen Teil der Einbaukosten an
Das Finanzamt erkannte nur einen kleinen Teil der Kosten an, der sich aber nach Abzug der nach dem individuellen Einkommen bemessenen zumutbaren Belastung steuerlich nicht auswirkte.
Einbau des Lift im Garten und nicht im Wohnhaus für steuerliche Absetzbarkeit nicht entscheidend
Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab jedoch der Klägerin Recht und erkannte den vollen Betrag nach Abzug der zumutbaren Belastung an. Bei dem Treppenschräglift handele es sich um ein medizinisches Hilfsmittel, dessen Nutzung durch die Klägerin für das Treppensteigen angesichts ihrer außergewöhnlichen Gehbehinderung unzweifelhaft erforderlich sei. Für das Gericht ist es unbeachtlich, dass der Lift nicht im Wohnhaus, sondern im dazugehörigen Garten eingebaut wurde. Die Nutzung des Gartens ist nach Ansicht des Gerichts kein „entbehrlicher Luxus“, sondern „sozialadäquat“. Man könne von der Klägerin weder verlangen, von dem seit ihrer Kindheit bewohnten Hanggrundstück wegzuziehen, noch den Garten nicht mehr zu nutzen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.06.2011
Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg/ra-online