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- NJW 2015, 3631Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 3631
- NStZ 2015, 412Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2015, Seite: 412
- StV 2015, 405Zeitschrift: Der Strafverteidiger (StV), Jahrgang: 2015, Seite: 405
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Urteil23.10.2014
EGMR: Erhebliche Strafmilderung bei einer Tatprovokation durch verdeckte Ermittler stellt keine angemessene Wiedergutmachung darTatprovokation verletzt Recht auf faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK
Wird ein Straftäter durch verdeckte Ermittler zur Begehung der Tat provoziert, liegt ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vor. Zur Wiedergutmachung genügt es nicht, dass das Strafgericht die Tatprovokation erheblich strafmildernd berücksichtigt. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall wurde ein Mann im Oktober 2008 vom Landgericht Aachen wegen Rauschgifthandelns in zwei Fällen zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Der Mann half dabei Kokain und Amphetamine nach Deutschland zu schaffen. Bei der Verurteilung wurde in erheblicher Weise strafmildernd berücksichtigt, dass der Mann durch zwei verdeckte Ermittler der Polizei zur Tat verleitet wurde. Ohne die verdeckten Ermittler hätte der Mann, der nicht vorbestraft war und gegen dem zum Zeitpunkt des Beginns des Einsatzes der verdeckten Ermittler keinerlei Verdacht einer Verwicklung in den Rauschgifthandel bestand, die Tat nicht begangen. Der Mann war mit der Strafmilderung nicht einverstanden. Seiner Meinung nach hätten die durch die Ermittler gewonnenen Beweismittel nicht verwendet werden dürfen. Er blieb aber mit seiner Meinung vor dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht erfolglos. Nunmehr musste der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheiden.
Erhebliche Strafmilderung aufgrund Tatprovokation durch verdeckte Ermittler stellt keine angemessene Wiedergutmachung dar
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied zu Gunsten des Mannes. Der Gebrauch von Beweismitteln, die als Ergebnis polizeilicher Provokation gewonnen wurden, sei nach Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht erlaubt. Damit ein Verfahren im Sinne dieser Vorschrift fair ist, müsse alle als Ergebnis polizeilicher Provokation gewonnen Beweismittel ausgeschlossen werden oder aber ein Verfahren mit vergleichbaren Konsequenzen müsse greifen. Selbst eine erhebliche Strafmilderung könne nicht als ein Verfahren mit vergleichbaren Konsequenzen wie der Ausschluss der angegriffenen Beweismittel angesehen werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.01.2018
Quelle: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, ra-online (vt/rb)
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