18.10.2024
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Dokument-Nr. 25317

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Urteil10.06.2015Bundesgerichtshof2 StR 97/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AnwBl 2016, 10Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl), Jahrgang: 2016, Seite: 10
  • NJW 2016, 91Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2016, Seite: 91
  • NStZ 2016, 52Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2016, Seite: 52
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Vorinstanz:
  • Landgericht Bonn, Urteil13.02.2013
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil10.06.2015

BGH: Keine Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäu­bungs­mitteln aufgrund Tatprovokation durch verdeckte ErmittlerRechts­s­taats­widrige Provokation einer Straftat durch verdeckte Ermittler begründet Verfah­rens­hin­dernis

Kommt es nur deshalb zu einer Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäu­bungs­mitteln, weil verdeckte Ermittler die Tat durch massives Drängen provozieren, so führt dies zu einem Verfah­rens­hin­dernis. Eine Strafbarkeit ist daher aufgrund der rechts­staats­widrigen Tatprovokation nicht gegeben. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Aufgrund eines gewissen Anfangs­ver­dachts in Bezug auf Drogendelikte wurde gegen den einschlägig vorbestraften Besitzer einer Bar im Dezember 2010 eine verdeckte Ermittlung angeordnet. Zwei verdeckte Ermittler begannen daraufhin ab Januar 2011 Kontakt zum Barbesitzer aufzunehmen. Nachdem dies gelungen und intensiviert wurde, drängten die verdeckten Ermittler ab Anfang April 2011 den Barbesitzer massiv zur Vermittlung von Drogen­lie­fe­ranten. Dieser konnte sich zunächst erfolgreich dem Drängen mit der Begründung, er wolle mit solchen Dingen nichts mehr zu tun haben, erwehren. Die verdeckten Ermittler gaben sich damit nicht zufrieden. Sie drängten den Barbesitzer wiederholt zur Vermittlung von Kontakten ins Drogenmilieu und führten an, dass ihnen andernfalls der Tod durch angeblich serbische Kriminelle drohe. Dies führte schließlich dazu, dass der Barbesitzer versuchte Kontakte herzustellen, um seinen "Freunden" zu helfen. Nachdem dies nach einigen Mühen gelungen war und es zum Verkauf von Drogen kam, wurde der Barbesitzer von der Staats­an­walt­schaft angeklagt.

Landgericht bejaht Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäu­bungs­mitteln

Das Landgericht Bonn verurteilte den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäu­bungs­mitteln. Es berücksichtigte dabei aber strafmildernd, dass der Anstoß für das Drogengeschäft von den beiden verdeckten Ermittlern ausging. Dagegen richtete sich die Revision des Angeklagten.

Bundes­ge­richtshof verneint Strafbarkeit aufgrund rechts­s­taats­widriger Tatprovokation

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten des Angeklagten und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Es liege nach Ansicht der Bundesrichter eine rechts­s­taats­widrige Tatprovokation vor. Das Verhalten der verdeckten Ermittler habe die durch den Grundsatz des fairen Verfahrens und des Rechts­s­taats­prinzip gezogenen Grenzen überschritten (Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschen­rechts­kon­vention). Aufgabe der Straf­ver­fol­gungs­be­hörden sei die Aufklärung von Straftaten und nicht deren Herbeiführung. Der Einsatz der verdeckten Ermittler habe sich nicht auf eine weitgehend passive Strafermittlung beschränkt, sondern stelle sich als eine massive aktive Einwirkung auf den Angeklagten dar. Die Tathandlung des Angeklagten sei davon geprägt und bestimmt worden, den verdeckten Ermittlern einen Gefallen zu tun. Sein Handeln habe zu keinem Zeitpunkt auf eigenem Antrieb beruht und sei auch nicht auf Gewinnstreben zurückzuführen gewesen.

Tatprovokation durch verdeckte Ermittler begründet Verfah­rens­hin­dernis

Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs führe die Tatprovokation der verdeckten Ermittler zu einem Verfahrenshindernis. Eine Lösung über die Strafzumessung in Form einer Strafmilderung komme seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 23.10.2014 (AZ.: 54648/09) nicht mehr in Betracht.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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