21.11.2024
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Dokument-Nr. 9387

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil18.03.2010

EuGH erklärt Geschmacks­muster von PepsiCo wegen Kollision mit älterem Geschmacks­muster für nichtigGeschmacks­muster kollidiert mit Produkt von Firma mit älteren Rechten

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat eine Entscheidung des Harmo­ni­sie­rungsamt für den Binnenmarkt aufgehoben, mit der dieses den Antrag auf Nichti­g­er­klärung eines Geschmacks­musters von PepsiCo für die Form eines „rapper“ (kleine flache oder leicht gewölbte Scheibe, auf die Farbbilder oder Werbungen gedruckt werden können) zurückgewiesen hat.

Das Gemein­schafts­ge­schmacks­muster wurde durch eine Gemein­schafts­ver­ordnung1 geschaffen. Diese Verordnung definiert das Gemein­schafts­ge­schmacks­muster als „die Erschei­nungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflä­chen­struktur und/oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst und/oder seiner Verzierung ergibt“. Schutzfähig sind Geschmacks­muster, die neu sind und Eigenart haben. Der Inhaber eines Geschmacks­musters ist berechtigt, Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Der Umfang dieses Schutzes erstreckt sich auf jedes Geschmacks­muster, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestal­tungs­freiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacks­musters berücksichtigt. Ein Geschmacks­muster kann u. a. dann für nichtig erklärt werden, wenn es mit einem älteren Geschmacks­muster kollidiert.

PepsiCo meldet Geschmacks­muster an

Am 9. September 2003 meldete PepsiCo beim Harmo­ni­sie­rungsamt für den Binnenmarkt (HABM), dem für Gemein­schafts­marken zuständigen Amt, das auch für Gemein­schafts­ge­schmacks­muster zuständig ist, ein Gemein­schafts­ge­schmacks­muster für die Form eines „rapper“ (kleine flache oder leicht gewölbte Scheibe, auf die Farbbilder gedruckt werden können) an. Das Gemein­schafts­ge­schmacks­muster wurde für „Werbeartikel für Spiele“ eingetragen.

Grupo Promer Mon Graphic stellt Antrag auf Nichtig­keits­er­klärung des Geschmacks­musters

Im Februar 2004 stellte Grupo Promer Mon Graphic, ein spanisches Marketing- und Werbe­un­ter­nehmen, einen Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit dieses Geschmacks­musters. Zur Begründung ihres Antrags machte dieses Unternehmen das Bestehen eines älteren Rechts, nämlich eines Gemein­schafts­ge­schmacks­musters für ein "Metallblech für Spiele", geltend, dessen Anmeldetag der 17. Juli 2003 war.

HABM weist Antrag wegen nur eingeschränkter Gestal­tungs­freiheit des Werbeartikels zurück

Das HABM wies den Antrag auf Nichti­g­er­klärung mit der Begründung zurück, die mit den fraglichen Geschmacks­mustern verbundenen Erzeugnisse gehörten zu einer besonderen Kategorie von Werbeartikeln, nämlich den „rappers“ oder „tazos“ (spanische Bezeichnung für „rappers“), so dass die Gestal­tungs­freiheit des Entwerfers bei der Entwicklung solcher Werbeartikel „erheblich eingeschränkt“ sei. Folglich – so die Beschwer­de­kammer weiter – genüge der Unterschied im Profil der fraglichen Geschmacks­muster für die Schluss­fol­gerung, dass sie beim informierten Benutzer einen unter­schied­lichen Gesamteindruck erweckten.

Grupo Promer Mon Graphic erhebt Klage

Grupo Promer Mon Graphic hat beim Gericht auf Aufhebung dieser Entscheidung geklagt. Ein Gemein­schafts­ge­schmacks­muster kollidiert nach Ansicht des Gerichts dann mit einem älteren Geschmacks­muster, wenn es unter Berück­sich­tigung der Gestal­tungs­freiheit des Entwerfers bei seiner Entwicklung keinen anderen Gesamteindruck beim informierten Benutzer erweckt als das in Anspruch genommene ältere Geschmacks­muster.

Gericht unterstützt Meinung des HABM zur eingeschränkten Gestal­tungs­freiheit des Werbeartikels

Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, dass das HABM zutreffend davon ausgegangen ist, dass das fragliche Erzeugnis innerhalb der weitgefassten Kategorie der Werbeartikel für Spiele zu einer speziellen Kategorie gehöre, nämlich zu derjenigen der unter der Bezeichnung „pogs“, „rappers“ oder „tazos“ bekannten Spielfiguren.

Wie das HABM zutreffend ausgeführt hat, kann der informierte Benutzer ein etwa 5- bis 10-jähriges Kind oder aber der Marketingleiter einer Gesellschaft sein, die Erzeugnisse herstellt, für die mit der Abgabe solcher Gegenstände geworben wird, wobei es darauf ankommt, dass diese beiden Personengruppen das Phänomen der „rappers“ kennen.

Wie das HABM weiter fehlerfrei festgestellt hat, war die Gestal­tungs­freiheit des Entwerfers „erheblich eingeschränkt“, da dieser gemeinsame Merkmale der „rappers“ in sein Geschmacks­muster einbeziehen musste. Seine Gestal­tungs­freiheit war auch dadurch beschränkt, dass es sich um nicht kostspielige Artikel handeln musste, die den Sicher­heits­normen für Kinder zu entsprechen hatten und den Erzeugnissen, deren Verkauf sie fördern sollten, beigefügt werden konnten.

Gericht weist Ansicht des HABM, dass Produkte unter­schied­lichen Gesamteindruck erweckten, zurück

Dagegen hat das HABM zu Unrecht den Standpunkt vertreten, dass die beiden Geschmacks­muster beim informierten Benutzer einen unter­schied­lichen Gesamteindruck erweckten. Nach Auffassung des Gerichts waren bestimmte Ähnlichkeiten zwischen den beiden Geschmacks­mustern nicht das Ergebnis einer Beschränkung der Gestal­tungs­freiheit des Entwerfers. Insbesondere bedurfte es keiner Kreisform, um den zentralen Teil zu begrenzen, sondern dieser hätte auch durch ein Dreieck, ein Sechseck oder ein Oval begrenzt werden können. Überdies weisen die Geschmacks­muster insoweit eine Ähnlichkeit auf, als der gekrümmte Rand der Scheibe im Verhältnis zu dem zwischen Rand und erhabenem zentralen Teil liegenden Zwischenteil erhaben ist; sie sind zudem in den jeweiligen Proportionen des erhabenen zentralen Teils und des zwischen Rand und erhabenem zentralen Teil befindlichen Zwischenteils ähnlich.

Das Gericht hat demgemäß die Entscheidung des HABM, mit der dieses den Antrag auf Nichti­g­er­klärung zurückgewiesen hat, aufgehoben.

Quelle: ra-online, EuGH

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