23.11.2024
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Dokument-Nr. 7993

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Urteil11.06.2009Gerichtshof der Europäischen UnionT-114/07 und T-115/07
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil11.06.2009

EuGH: Eintragung der Gemein­schafts­bildmarke "Last Minute Tour" nicht zulässigEintragung muss auf alle geltenden Rechte hinsichtlich von Kennzei­chen­ver­letzung neu geprüft werden

Die Entscheidung des HABM (Amt der Europäischen Union für die Eintragung von Marken und Geschmacks­mustern) mit der die Eintragung der Gemein­schafts­bildmarke "Last Minute Tour" bestätigt wurde, muss aufgehoben und wegen Kennzei­chen­ver­letzung neu geprüft werden. Dies entschied der Europäische Gerichtshof.

Nach der Verordnung über die Gemein­schaftsmarke kann der Inhaber einer nicht eingetragenen nationalen Marke die Nichti­g­er­klärung einer jüngeren Gemein­schaftsmarke erwirken, wenn ihm nach dem nationalen Recht seine nicht eingetragene Marke die Befugnis verleiht, die Benutzung einer solchen jüngeren Marke zu untersagen. Die im Vereinigten Königreich geltenden rechtlichen Regeln für die Klage wegen Kennzei­chen­ver­letzung (law of passing off) schützen eine nicht eingetragene Marke gegen eine jüngere Marke, wenn die Dienst­leis­tungen des Inhabers der nicht eingetragenen Marke bei den maßgeblichen Verkehrskreisen ein auf ihrer Präsen­ta­ti­o­nsweise beruhendes Ansehen genießen, ferner das Angebot von Waren und Dienst­leis­tungen durch das andere Unternehmen unter der jüngeren Marke eine irreführende Präsen­ta­ti­o­nsweise darstellt und schließlich diese Sachlage geeignet ist, dem Inhaber der nicht eingetragenen Marke einen geschäftlichen Schaden zuzufügen.

HSBM weist Anmeldung von Last Minute Network Ltd zurück

Im Jahr 2000 hatte die Last Minute Network Ltd (LMN), die die Internetseite www.lastminute.com betreibt, das Wortzeichen LASTMINUTE.COM als Gemein­schaftsmarke angemeldet. Das HABM, die für die Registrierung der Gemein­schaftsmarke zuständige Behörde, hatte diese Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass dieses Zeichen keine Unter­schei­dungskraft habe.

Last Minute Tour Spa erreicht Eintragung von Bildzeichen "Last Minute Tour"

Im Jahr 2003 erlangte die Last Minute Tour Spa (LMT) die Eintragung des entsprechenden Bildzeichens als Gemein­schaftsmarke für Dienst­leis­tungen der Reisebranche und ergänzende Produkte

Last Minute Network beruft sich auf Recht, Eintragung des Bildzeichen als Gemein­schaftsmarke für nichtig zu erklären

Der von LMN gegen diese Anmeldung erhobene Widerspruch wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie nicht fristgemäß die erforderlichen Nachweise für die Benutzung ihres für ihren Widerspruch angeführten älteren Kennzei­chen­rechts vorgelegt habe.

Nach der Eintragung der Gemein­schafts­bildmarke „LAST MINUTE TOUR“ beantragte LMN deren Nichti­g­er­klärung. Zur Begründung machte sie geltend, dass die im Vereinigten Königreich geltenden Rechtsregeln für die Kennzei­chen­ver­letzung ihr das Recht verliehen, die Benutzung dieser Marke im Vereinigten Königreich zu untersagen. Damit könne sie die Nichti­g­er­klärung dieses Bildzeichens als Gemein­schaftsmarke beanspruchen.

Bekannt­heitsgrad liegt bei Gesamt­be­zeichnung "Lastminute.com" nicht nur bei dem Begriff "last minute"

Das HABM wies diesen Antrag zurück. Es meinte, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, im vorliegenden Fall die Durch­schnitts­ver­braucher im Vereinigten Königreich, wenn ihnen die Marke „LAST MINUTE TOUR“ begegne, vermuteten, dass es sich um ein „Last-Minute-Reisen“ anbietendes Unternehmen handele, ohne zu glauben, dass diese Angebote von der Inhaberin der Marke LASTMINUTE.COM stammten. Das Ansehen, das sich LMN erworben habe, sei mit ihrem Zeichen LASTMINUTE.COM in seiner Gesamtheit und nicht mit der Gattungs­be­zeichnung „last minute“ verknüpft. Da die Unter­schei­dungskraft der beiden Marken sehr gering sei, werde das Publikum seine Aufmerksamkeit auf die unter­schei­dungs­kräftigen und dominierenden Bestandteile richten, also vor allem auf die Endung „.com“ der nicht eingetragenen Marke und auf das Bildelement der Gemein­schaftsmarke.

Gegen diese Zurückweisung ihres Antrags auf Nichti­g­er­klärung der Gemein­schaftsmarke „LAST MINUTE TOUR“ erhob LMN eine Klage beim Gericht erster Instanz.

EuGH sieht Fehler in Handlungsweise des HABM

In seinem heute verkündeten Urteil stellt das Gericht fest, dass das HABM die geltenden Regeln des britischen Rechts verkannt hat. Das Gericht hat daher die Entscheidung des HABM aufgehoben.

Nach Auffassung des Gerichts hat die Beschwer­de­kammer des HABM die maßgeblichen Verkehrskreise fehlerhaft abgegrenzt. Nach der Rechtsprechung im Vereinigten Königreich ist die Frage, ob die Präsen­ta­ti­o­nsweise von Waren und Dienst­leis­tungen durch ein wegen Kennzei­chen­ver­letzung beklagtes Unternehmen irreführend ist, im Hinblick auf die Kundschaft des Klägers zu beurteilen. Das HABM hätte deshalb nicht davon ausgehen dürfen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise aus den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durch­schnitts­ver­brauchern der fraglichen Waren und Dienst­leis­tungen im Vereinigten Königreich bestehen, da auf die Kundschaft der Inhaberin der nicht eingetragenen nationalen Marke abzustellen war.

Auch einzelne Bestandteile einer Marke können eigenständiges Ansehen erwerben

Das Gericht weist weiter darauf hin, dass nach der Rechtsprechung, die im Vereinigten Königreich zur Klage wegen Kennzei­chen­ver­letzung ergangen ist, eine Marke und ebenso ihre einzelnen Bestandteile ein eigenständiges Ansehen durch Benutzung auch dann erwerben können, wenn sie beschreibend sind und keine Unter­schei­dungskraft haben. Deshalb hätte das HABM die Möglichkeit, dass die Wörter „last minute“ ein eigenständiges Ansehen erworben haben, nicht allein mit dem Hinweis auf ihren Charakter als Gattungsbegriff ausschließen dürfen.

Formale Prüfung beider Marken allein nicht ausreichend

Schließlich stellt das Gericht fest, dass der vom HABM vorgenommene bloß formale Vergleich der beiden Zeichen, bei dem es nicht die Möglichkeit eines eigenständigen Ansehens des Ausdrucks „last minute“ bei den Kunden von LMN berücksichtigte und lediglich auf die abweichenden Elemente der beiden Marken abstellte, ungenügend war.

Nach der Aufhebung seiner Entscheidung wird es Sache des HABM sein, den Antrag, die Gemein­schaftsmarke „LAST MINUTE TOUR“ für nichtig zu erklären, im Hinblick auf alle im britischen Recht geltenden Voraussetzungen für die Klage wegen Kennzei­chen­ver­letzung erneut zu prüfen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 51/09 des EuGH vom 11.06.2009

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