15.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil25.06.2013

EuGH verurteilt Tschechische Republik zur Zahlung eines Pauschalbetrags wegen Nicht­durch­führung eines Urteils zur betrieblichen Alters­ver­sorgungZuwiderhandlung Tschechiens im Alters­versorgungs­system hat beschränkte Auswirkung auf Binnenmarkt für die betriebliche Alters­ver­sorgung

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Tschechische Republik zur Zahlung eines Pauschalbetrags von 250.000 Euro wegen Nicht­durch­führung eines Urteils des Gerichtshofs zur betrieblichen Alters­ver­sorgung verurteilt. In Ermangelung einer zweiten Säule (Zusatzrente, die einige Arbeitgeber zugunsten ihres Personals vereinbaren) im tschechischen Alters­versorgungs­system ist der Gerichtshof der Ansicht, dass diese Zuwiderhandlung geringen Einfluss auf den Binnenmarkt hat.

Den Mitgliedstaaten steht es frei, ihre Alters­ver­sor­gungs­systeme zu organisieren und über die Rolle zu entscheiden, die die einzelnen drei "klassischen Säulen" der Altersversorgung in ihrem Gebiet spielen. Die erste Säule umfasst die vom Staat gewährten gesetzlichen Renten, die mit den bei den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern erhobenen Beiträgen finanziert werden, die zweite organisiert die Leistungen der betrieblichen Alters­ver­sorgung, die durch Arbeit­ge­ber­beiträge finanziert werden, und die dritte besteht aus den individuellen Zusatzrenten.

Union erlässt Richtlinie über Einrichtungen betrieblicher Alters­ver­sorgung

Obwohl die Mitgliedstaaten über Freiheit bei der Regelung dieses Bereichs verfügen, hat die Union eine Richtlinie* über die Einrichtungen der betrieblichen Alters­ver­sorgung erlassen, insbesondere dazu, um ihnen eine grenz­über­schreitende Tätigkeit zu ermöglichen.

Gerichtshof verpflichtet Tschechische Republik bereits 2010, sämtliche Bestimmungen der Richtlinie in transparentem gesetzlichen Rahmen aufzunehmen

Die Tschechische Republik – deren Alters­ver­sor­gungs­system keine zweite Säule umfasst und die die Niederlassung von Einrichtungen der betrieblichen Alters­ver­sorgung in ihrem Gebiet untersagt – hatte ursprünglich einige Bestimmungen der Richtlinie nicht umgesetzt, da diese Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten vorsahen, in deren Gebiet solche Einrichtungen ansässig sind. Der Gerichtshof, der von der Kommission mit einer Vertrags­ver­let­zungsklage gegen die Tschechische Republik befasst wurde, entschied in seinem Urteil vom 14. Januar 2010 (Az. C-343/08), dass die Tschechische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat. Nach Ansicht des Gerichtshofs war die Tschechische Republik, selbst wenn ihr Alters­ver­sor­gungs­system keine zweite Säule umfasst, verpflichtet, sämtliche Bestimmungen dieser Richtlinie in einen genauen und transparenten gesetzlichen Rahmen aufzunehmen, damit die Rechtssubjekte in diesem Mitgliedstaat und in der Europäischen Union insbesondere erfahren können, welche Rechte und Pflichten sie für den Fall haben, dass sich die Tschechische Republik dafür entscheidet, ihr Alters­ver­sor­gungs­system durch eine zweite Säule zu ergänzen.

Kommission hält Klageantrag auf Zahlung eines Pauschalbetrags auch nach verspäteter Umsetzung des Urteils aufrecht

Im Folgenden stellte die Kommission fest, dass die Tschechische Republik dieses Urteil nicht durchgeführt hatte, und forderte sie auf, ihm bis spätestens 28. Januar 2011 nachzukommen. Da die Tschechische Republik die erforderlichen Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt nicht erlassen hatte, hat die Kommission den Gerichtshof erneut angerufen. Im Lauf des Verfahrens vor dem Gerichtshof hat die Tschechische Republik das in Rede stehende Urteil nach der Bekanntmachung und dem Inkrafttreten eines Gesetzes, das die Richtlinie vollständig in das nationale Recht umsetzte, am 31. August 2011 schließlich durchgeführt. Die Kommission hat jedoch ihren Klageantrag auf Verurteilung der Tschechischen Republik zur Zahlung eines Pauschalbetrags von etwas mehr als 3,3 Millionen Euro für die Zeit der Nicht­durch­führung von der Verkündung des Urteils von 2010 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes aufrecht­er­halten.

Mitgliedstaaten sind verpflichtet, mit Durchführung eines ergangenen Urteils unverzüglich zu beginnen

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, mit der Durchführung eines im Vertrags­ver­let­zungs­ver­fahren ergangenen Urteils unverzüglich zu beginnen, und dass diese Durchführung möglichst rasch abzuschließen ist. Dies gilt erst recht seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, mit dem einer der Schritte des Verfahrens, das die Kommission im Fall der Nicht­durch­führung eines Urteils einleiten kann, abgeschafft wurde. Im vorliegenden Fall sind zwischen dem Zeitpunkt der Verkündung des ersten Urteils (am 14. Januar 2010) und dem Zeitpunkt der Bekanntmachung und des Inkrafttretens des tschechischen Gesetzes (am 31. August 2011), das das nationale Recht mit dem Unionsrecht in Einklang gebracht hat, 19 Monate verstrichen.

Gerichtshof verurteilt Tschechische Republik zur Zahlung eines Pauschalbetrag von 250.000 Euro

Daher hält es der Gerichtshof für gerechtfertigt, die Tschechische Republik zur Zahlung eines Pauschalbetrags zu verurteilen. In Bezug auf die Höhe dieses Betrags führt der Gerichtshof aus, dass die Zuwiderhandlung in Ermangelung einer zweiten Säule im tschechischen Alters­ver­sor­gungs­system eine beschränkte Auswirkung auf den Binnenmarkt für die betriebliche Alters­ver­sorgung hatte. Unter diesen Umständen – und da die Tschechische Republik loyal mit der Kommission zusam­men­ge­ar­beitet und die Richtlinie umgesetzt hat –, setzt der Gerichtshof den Betrag, zu dessen Zahlung dieser Mitgliedstaat verurteilt wird, auf 250.000 Euro fest.

Erläuterungen
Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Juni 2003 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Alters­ver­sorgung (ABl. L 235, S. 10).

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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