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Dokument-Nr. 35274

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Urteil01.08.2025Europäischer GerichtshofC-97/24
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Europäischer Gerichtshof Urteil01.08.2025

EuGH stärkt die Rechte von Asylbewerbern auch für den Fall einer Überlastung des aufnehmenden StaatsGrundbedürfnis von Asylbewerbern muss auch bei Überlastung erfüllt werden

Ein Mitgliedstaat kann sich nicht auf einen unvor­her­sehbaren Zustrom von Antragstellern auf internationalen Schutz berufen, um sich seiner Pflicht zur Deckung der Grund­be­dürfnisse von Asylbewerbern zu entziehen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann zu einer Haftung des betreffenden Mitgliedstaats führen. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden.

Zwei Asylbewerber, ein afghanischer und ein indischer Staats­an­ge­höriger, waren gezwungen, mehrere Wochen lang unter prekären Bedingungen in Irland zu leben, nachdem Irland es abgelehnt hatte, ihnen die im Unionsrecht im Rahmen der Aufnahme vorgesehenen Mindest­leis­tungen zu gewähren. Denn die irischen Behörden gaben ihnen zwar jeweils einen Einzelgutschein über 25 Euro, stellten ihnen aber keine Unterkunft zur Verfügung, was sie damit begründeten, dass die hierfür vorgesehenen Aufnahmezentren ungeachtet der Verfügbarkeit vorübergehender individueller Unterkünfte in Irland belegt seien. Mangels Unterbringung in einem solchen Aufnahmezentrum hatten die beiden Antragsteller keinen Anspruch auf die im irischen Recht vorgesehenen Geldleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs. Sie schliefen daher auf der Straße oder gelegentlich in prekären Unterkünften. Sie gaben an, nicht immer genug zu essen gehabt zu haben, nicht in der Lage gewesen zu sein, ihre Hygiene zu wahren, und sich angesichts ihrer Lebens­be­din­gungen und der Gewalt, der sie ausgesetzt gewesen seien, in einer Notlage befunden zu haben. Sie erhoben beim Hohen Gericht (Irland) Klage auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens.

Irische Behörden beriefen sich auf höhere Gewalt

Die irischen Behörden erkennen einen Verstoß gegen das Unionsrecht an, berufen sich jedoch auf einen Fall höherer Gewalt, der darin bestehe, dass die im irischen Hoheitsgebiet für Antragsteller auf internationalen Schutz üblicherweise verfügbaren Unter­brin­gungs­ka­pa­zitäten vorübergehend erschöpft seien, da es nach dem Überfall auf die Ukraine einen massiven Zustrom von Dritt­staats­an­ge­hörigen gegeben habe. Dagegen machen die irischen Behörden nicht geltend, dass sie objektiv daran gehindert worden wären, im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen zur Deckung der Grund­be­dürfnisse dieser Antragsteller zu gewähren. Das Hohe Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob unter solchen Umständen die Haftung des Staates trotz der Pflichten aus der Aufnah­me­richtlinie und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgeschlossen werden kann.

Mitgliedstaaten müssen Grund­be­dürfnisse von Asylbewerbern erfüllen

In seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie verpflichtet sind, Antragstellern auf internationalen Schutz im Rahmen der Aufnahme materielle Leistungen zu gewähren, die einem angemessenen Lebensstandard entsprechen, sei es in Form von Unterkunft, Geldleistungen, Gutscheinen oder einer Kombination davon. Diese Leistungen müssen die Grund­be­dürfnisse, einschließlich einer angemessenen Unterbringung, der betroffenen Personen decken und deren physische und psychische Gesundheit schützen.

Ein Mitgliedstaat, der es – und sei es auch nur vorübergehend – unterlässt, einem Antragsteller, der nicht über ausreichende Mittel verfügt, diese materiellen Leistungen zu gewähren, überschreitet demnach offenkundig und erheblich den Spielraum, über den er bei der Anwendung der Richtlinie verfügt. Eine solche Unterlassung kann daher einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht darstellen, der zu einer Haftung des betreffenden Mitgliedstaats führt.

Unionsrecht sieht nur eine eng begrenzte Ausnah­me­re­gelung vor

Zwar sieht das Unionsrecht eine eng begrenzte Ausnah­me­re­gelung vor, die es ermöglicht, die Aufnah­me­mo­da­litäten anzupassen, wenn die für Antragsteller auf internationalen Schutz üblicherweise verfügbaren Unter­brin­gungs­ka­pa­zitäten vorübergehend erschöpft sind, jedoch darf diese Regelung nur in begründeten Ausnahmefällen und zeitlich begrenzt angewandt werden. Diese Regelung ist u. a. dann anwendbar, wenn ein massiver und unvor­her­sehbarer Zustrom von Dritt­staats­an­ge­hörigen zu einer vorübergehenden Vollauslastung der Aufnah­me­ka­pa­zitäten führt. Aber auch in diesem Fall sieht die Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten unter allen Umständen die Grund­be­dürfnisse der betroffenen Personen im Einklang mit der in der Charta der Grundrechte verankerten Pflicht zur Achtung der Menschenwürde decken müssen.

Mitgliedstaat darf sich nicht seiner Pflicht entziehen

Unter diesen Umständen ist es nach Auffassung des Gerichtshofs nicht zulässig, dass sich ein Mitgliedstaat seiner Pflicht, die Grund­be­dürfnisse der betroffenen Personen zu decken, entzieht, indem er sich auf das die Ausnah­me­re­gelung auslösende Ereignis beruft, nämlich die vorübergehende Erschöpfung der für Antragsteller auf internationalen Schutz üblicherweise verfügbaren Unter­brin­gungs­ka­pa­zitäten, auch wenn diese Erschöpfung auf einen großen und plötzlichen Zustrom von Dritt­staats­an­ge­hörigen, die vorübergehenden oder internationalen Schutz beantragt haben, zurückzuführen ist. Ebenso wenig kann die Berufung auf den Eintritt eines solchen Ereignisses dazu führen, dass der Verstoß gegen die in der Richtlinie vorgesehenen Pflichten nicht als hinreichend qualifiziert angesehen wird, um einen Schaden­s­er­satz­an­spruch begründen zu können. Eine gegenteilige Auslegung würde dieser Regelung ihre praktische Wirksamkeit nehmen und den wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz der Antragsteller gefährden.

Im vorliegenden Fall gibt es im Übrigen keinen Anhaltspunkt dafür, dass Irland objektiv daran gehindert worden wäre, seine Pflichten dadurch zu erfüllen, dass es den Antragstellern eine Unterkunft außerhalb des üblicherweise für ihre Unterbringung vorgesehenen Systems zur Verfügung stellt – gegebenenfalls unter Inanspruchnahme der in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahme – oder ihnen Geldleistungen oder Gutscheine gewährt.

Quelle: Europäischer Gerichtshof, ra-online (pm/pt)

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