21.11.2024
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Dokument-Nr. 15215

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil07.02.2013

Kartell­ab­sprachen auch bei illegaler Tätigkeit des Konkurrenten wettbe­wer­bs­widrigWettbe­wer­bs­regeln dienen zum Schutz der Struktur des Marktes

Eine Kartell­ab­sprache mit dem Ziel, einen Konkurrenten auszuschließen, verstößt gegen die Wettbe­wer­bs­regeln, auch wenn dieser auf dem Markt illegal tätig ist. Die Wettbe­wer­bs­regeln sollen nämlich nicht nur diesen Konkurrenten, sondern auch die Struktur des Marktes und damit den Wettbewerb als solchen schützen. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Im zugrunde liegenden Fall stellte das Kartellamt der Slowakischen Republik im Jahr 2009 fest, dass drei bedeutende slowakische Banken – nämlich Slovenská sporitelna, Ceskoslovenská obchodná banka und Všeobecná úverová banka – gegen die Wettbe­wer­bs­regeln der Union verstoßen hatten. Sie hatten beschlossen, Verträge über die Konto­kor­rent­konten des tschechischen Unternehmens Akcenta CZ koordiniert aufzulösen und keine neuen Verträge mit dieser Gesellschaft zu schließen. Akcenta ist kein Kreditinstitut. Ihre Dienst­leis­tungen bestehen in Devisen­ge­schäften*. Für diese Tätigkeiten, zu denen auch der Transfer von Devisen aus dem und in das Ausland für ihre Kunden in der Slowakei zählt, benötigt sie Konto­kor­rent­konten bei Banken. Dem Kartellamt zufolge stimmten sich die drei Banken ab, weil sie damit unzufrieden waren, dass sich ihre Gewinne aufgrund der Tätigkeit von Akcenta verringerten. Sie betrachteten Akcenta als Konkurrentin, die ihren Kunden Dienst­leis­tungen erbrachte.

Kartellamt verhängt Geldbußen wegen Verletzung des Wettbe­wer­b­rechts

Das Kartellamt verhängte gegen Ceskoslovenská obchodná banka a.s. eine Geldbuße in Höhe von 3.183.427 Euro, gegen Slovenská sporitel’òa in Höhe von 3.197.912 Euro und gegen Všeobecná úverová banka a.s. in Höhe von 3.810.461 Euro wegen Verletzung des Wettbe­wer­b­rechts.

Unternehmen verneint eigenen Verstoß gegen Wettbe­wer­bs­regeln aufgrund illegaler Tätigkeit des Konkur­ren­z­un­ter­nehmens

Die Bank Slovenská sporitel’òa erhob Klage gegen die Bußgel­dent­scheidung. Sie trägt vor, dass sie nicht gegen die Wettbe­wer­bs­regeln verstoßen habe, da Akcenta nicht als ihre Konkurrentin angesehen werden könne. Das tschechische Unternehmen sei nämlich illegal auf dem slowakischen Markt tätig gewesen, da es nicht über die Genehmigung verfügt habe, die nach slowakischem Recht für die Ausübung ihrer Tätigkeit notwendig sei.

Nationales Gericht erbittet Vorabentscheid der EuGH

Der mit dem Rechtsstreit befasste Najvyšší súd Slovenskej republiky (Höchstes Gericht der Slowakischen Republik) fragt den Gerichtshof, ob es für die Beurteilung einer Kartell­ab­sprache rechtlich erheblich ist, dass ein Wettbewerber, der durch die Absprache benachteiligt ist, illegal auf dem Markt tätig war.

Wettbe­wer­bs­regeln sollen nicht nur Interessen einzelner Wettbewerber sondern auch Struktur des Marktes schützen

In seinem Urteil weist der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) darauf hin, dass für die Feststellung der Rechts­wid­rigkeit einer Vereinbarung ihre tatsächlichen Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht berücksichtigt werden müssen, wenn diese Vereinbarung eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt. Weiter erläutert er, dass die Wettbe­wer­bs­regeln der Union nicht nur die Interessen einzelner Wettbewerber oder Verbraucher schützen sollen, sondern auch die Struktur des Marktes und damit den Wettbewerb als solchen.

Illegale Tätigkeit des Konkur­ren­z­un­ter­nehmens hier unerheblich

Im vorliegenden Fall stellt der Gerichtshof fest, dass die fragliche Vereinbarung speziell eine Wettbe­wer­bs­be­schränkung bezweckt hat. Daher ist es für die Frage, ob die Voraussetzungen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbe­wer­bs­regeln vorliegen, unerheblich, dass Akcenta angeblich illegal auf dem slowakischen Markt tätig war. Im Übrigen betont der Gerichtshof, dass es den Behörden – und nicht privaten Unternehmen oder Unter­neh­mens­ver­ei­ni­gungen – obliegt, die Einhaltung der Wettbe­wer­bs­regeln sicherzustellen.

Vorliegen einer Vollmacht zur Begehung von Zuwider­hand­lungen eher selten

Außerdem führt der Gerichtshof aus, dass die Bank Slovenská sporitel’òa sich nicht dadurch von der Verantwortung für die Absprache befreien kann, dass ihr Mitarbeiter, der an dem Treffen, bei dem die wettbe­wer­bs­widrige Vereinbarung getroffen wurde, teilgenommen hat, nicht dazu bevollmächtigt war. Denn die Beteiligung an rechtswidrigen Kartellen findet meistens im Verborgenen statt und unterliegt keinen Formvor­schriften. Es kommt daher selten vor, dass ein Vertreter eines Unternehmens, der an einem Treffen teilnimmt, über eine Vollmacht für die Begehung einer Zuwiderhandlung verfügt.

Erläuterungen

* Umtausch­ge­schäfte durch Buchung auf ein Devisenkonto.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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