15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen auf azurblauem Grund die zwölf goldenen Sterne, wie sie auch in der Europaflagge zu finden sind, wobei in der Mitte ein Paragraphenzeichen zu sehen ist.

Dokument-Nr. 2741

Drucken
Urteil18.07.2006Gerichtshof der Europäischen UnionC-519/04 P
ergänzende Informationen

Gerichtshof der Europäischen Union Urteil18.07.2006

Dopingregeln unterliegen dem europäischen Wettbe­wer­bsrecht

Die Doping­kon­troll­regeln des internationalen olympischen Komitees unterliegen dem gemein­schaft­lichen Wettbe­wer­bsrecht. Sie laufen ihm jedoch nicht zuwider, da sie nicht über das hinausgehen, was für den ordnungsgemäßen Ablauf sportlicher Wettkämpfe erforderlich ist.

Die Kläger Meca-Medina und Majcen sind Berufssportler in der Disziplin des Langstre­cken­schwimmens. Bei einer Weltmeis­ter­schaft in dieser Disziplin fiel ihr Test auf Nandrolon (ein Anabolikum) positiv aus. Der Internationale Schwimmverband (FINA) verhängte gegen sie daraufhin gemäß dem Anti-Doping-Code der Olympischen Bewegung eine Sperre von vier Jahren, die später vom Sport­s­chieds­gericht auf zwei Jahre reduziert wurde. Die Kläger reichten deshalb bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde ein, mit der sie die Vereinbarkeit der Anti-Doping-Regelung des Internationalen Olympischen Komitees mit dem gemein­schaft­lichen Wettbe­wer­bsrecht und der Dienst­leis­tungs­freiheit in Frage stellten. Mit Entscheidung vom 1. August 2002 wies die Kommission diese Beschwerde zurück.

Die Kläger erhoben darauf vor dem Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Klage auf Nichti­g­er­klärung dieser Entscheidung. Das Gericht wies die Klage mit Urteil vom 30. September 2004 mit der Begründung ab, dass die Regeln zur Doping­be­kämpfung nicht in den Anwen­dungs­bereich des gemein­schaft­lichen Wettbe­wer­bs­rechts und der Dienst­leis­tungs­freiheit fielen. Da die Kläger der Auffassung waren, dass das Urteil rechts­feh­lerhaft sei, legten sie beim Gerichtshof ein Rechtsmittel ein.

Zur Aufhebung der Entscheidung des Gerichts erster Instanz

Der Gerichtshof erinnert daran, dass die Ausübung des Sports insoweit unter das Gemein­schaftsrecht fällt, als er eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Er stellt jedoch fest, dass die Bestimmungen des EG-Vertrags über die Freizügigkeit und den freien Dienst­leis­tungs­verkehr nicht für Regeln gelten, die allein von sportlichem Interesse sind und als solche nichts mit wirtschaft­licher Betätigung zu tun haben.

Dass diese Regeln jedoch den freien Verkehr nicht beschränken, weil sie Fragen betreffen, die allein von sportlichem Interesse sind und als solche nichts mit wirtschaft­licher Betätigung zu tun haben, bedeutet weder, dass die entsprechende sportliche Tätigkeit zwangsläufig nicht in den Geltungsbereich der gemein­schaft­lichen Wettbe­wer­bs­vor­schriften fällt, noch, dass die genannten Regeln den Tatbestand dieser Vorschriften nicht erfüllen.

Das Gericht hat dadurch, dass es umgekehrt entschieden hat, ohne vorher zu prüfen, ob dieses Regelwerk die tatbe­stand­lichen Voraussetzungen des gemein­schaft­lichen Wettbe­wer­bs­rechts erfüllt, einen Rechtsfehler begangen. Demzufolge hebt der Gerichtshof das Urteil des Gerichts auf. Da der Rechtsstreit entschei­dungsreif ist, entscheidet der Gerichtshof über den Antrag auf Nichti­g­er­klärung der Entscheidung der Kommission.

Zur Nichti­g­er­klärung der Entscheidung der Kommission

Der Gerichtshof stellt hinsichtlich der Vereinbarkeit der streitigen Regelung mit dem Wettbe­wer­bsrecht fest, dass der Strafcharakter der streitigen Regelung und das Ausmaß der im Fall eines Verstoßes gegen die Regelung anwendbaren Sanktionen negative Auswirkungen auf den Wettbewerb haben können. Die mit diesem Regelwerk auferlegten Beschränkungen fallen deshalb nur dann nicht unter das Verbot des Artikels 81 Absatz 1 EG, wenn sie auf das zum ordnungsgemäßen Funktionieren des sportlichen Wettkampfs Notwendige begrenzt sind. Ein solches Regelwerk könnte nämlich überzogen sein, zum einen hinsichtlich der Grenze zwischen Fällen von unter Sankti­o­ns­an­drohung stehendem Doping und anderen, zum anderen hinsichtlich der Schärfe dieser Sanktionen.

Die Beschränkungen, die der Schwellenwert Berufssportlern insofern auferlegt, als Doping vorliegt, wenn die Nandro­lon­kon­zen­tration im Körper des Sportlers diesen Schwellenwert überschreitet, gehen jedoch nicht über das hinaus, was für die Organisation und den ordnungsgemäßen Ablauf sportlicher Wettkämpfe erforderlich ist. Da die Kläger im Übrigen nicht geltend gemacht haben, dass die im vorliegenden Fall anwendbaren und verhängten Sanktionen überzogen seien, ist die Unver­hält­nis­mä­ßigkeit der fraglichen Anti-Doping-Regelung nicht erwiesen. Demzufolge weist der Gerichtshof die Klage auf Nichti­g­er­klärung der Entscheidung der Kommission vom 1. August 2002 ab.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 65/06 des EuGH vom 18.07.2006

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil2741

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI