21.11.2024
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Dokument-Nr. 9902

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil06.07.2010

EuGH zur Vermarktung patentierten argentinischen Sojamehls in der EUPatentschutz besteht für Funktion der DNA-Sequenz in Sojapflanzen, nicht für Rückstände in Sojamehl

Das Unternehmen Monsanto kann die Vermarktung von argentinischem Sojamehl, das eine für diese Gesellschaft patentierte DNA-Sequenz als Rückstand enthält, in der EU nicht verbieten. Ein europäisches Patent kann nur für eine Erfindung geltend gemacht werden, die die Funktion, für die sie patentiert wurde, tatsächlich erfüllt. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften.

Monsanto ist seit 1996 Inhaberin eines europäischen Patents für eine DNA-Sequenz, die bei Einbringung in die DNA einer Sojapflanze diese Pflanze gegen das in der Landwirtschaft häufig verwendete Herbizid Glyphosat resistent macht. Erzeuger können so das Unkraut vernichten, ohne dem Sojapflan­ze­nanbau zu schaden.

Sachverhalt

Diese genetisch veränderte Sojapflanze, die RR-Sojapflanze, wird in Argentinien, wo für die Erfindung von Monsanto kein Patentschutz besteht, in großem Umfang angebaut. Europäische Gesellschaften führten in den Jahren 2005 und 2006 Sojamehl aus Argentinien in die Niederlande ein. Eine auf Antrag von Monsanto vorgenommene Untersuchung ergab das Vorhandensein von Spuren der für die RR-Sojapflanze charak­te­ris­tischen DNA, was bewies, dass das eingeführte Mehl mit diesem Sojapflanzentyp erzeugt worden war.

Nationales Gericht legt EuGH Frage zur möglichen Verletzung des europäischen Patents vor

Die von Monsanto befasste Rechtbank 's-Gravenhage (erstin­sta­nz­liches Gericht Den Haag, Niederlande) hat dem Gerichtshof die Frage gestellt, ob allein das Vorhandensein der durch ein europäisches Patent geschützten DNA-Sequenz für die Feststellung einer Verletzung des europäischen Patents von Monsanto anlässlich der Vermarktung des Mehls in der Europäischen Union ausreicht.

Der Gerichtshof stellt fest, dass die Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotech­no­lo­gischer Erfindungen den von einem europäischen Patent gewährten Schutz davon abhängig macht, dass die genetische Information, die in dem patentierten Erzeugnis enthalten ist oder die dieses darstellt, ihre Funktion in diesem Material selbst aktuell erfüllt.

Kein Patentschutz, wenn genetische Information nur noch als Rückstand in Sojamehl vorhanden ist

Hierzu weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Funktion der Erfindung von Monsanto erfüllt wird, wenn die genetische Information die Sojapflanze, in die sie Eingang gefunden hat, gegen die Wirkweise des Herbizids Glysophat schützt. Diese Funktion der geschützten DNA-Sequenz kann jedoch nicht mehr erfüllt werden, wenn die Sequenz als Rückstand in Sojamehl enthalten ist, das ein nach mehreren Verar­bei­tungs­vor­gängen der Sojapflanze gewonnenes totes Material ist. Folglich ist der europäischen Patenten gewährte Schutz ausgeschlossen, wenn die genetische Information aufgehört hat, ihre Funktion in der ursprünglichen Pflanze, aus der sie hervorgegangen ist, zu erfüllen.

Möglichkeit, dass die im Sojamehl enthaltene genetische Information ihre Funktion in anderer Pflanze erneut erfüllen könnte, nicht ausreichend

Ein solcher Schutz kann nicht mit der Begründung gewährt werden, dass die im Sojamehl enthaltene genetische Information ihre Funktion in einer anderen Pflanze möglicherweise erneut erfüllen könnte. Hierzu wäre es nämlich erforderlich, dass die DNA-Sequenz tatsächlich in diese andere Pflanze eingebracht wird und so ein Schutz für diese aufgrund des europäischen Patents entstehen könnte.

Vermarktung von Sojamehl aus Argentinien kann nicht verboten werden

Unter diesen Umständen kann Monsanto die Vermarktung von Sojamehl aus Argentinien, das seine biotech­no­lo­gische Erfindung als Rückstand enthält, auf der Grundlage der Richtlinie nicht verbieten.

EU-Richtlinie steht nationaler Vorschrift, die patentierter DNA-Sequenz absoluten Schutz gewährt, entgegen

Schließlich weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Richtlinie einer nationalen Vorschrift entgegensteht, die einer patentierten DNA-Sequenz als solcher einen absoluten Schutz gewährt, unabhängig davon, ob sie die Funktion, die sie innehat, in dem sie enthaltenden Material erfüllt oder nicht. Die Bestimmungen der Richtlinie, in denen das Kriterium der tatsächlichen Erfüllung dieser Funktion vorgesehen ist, stellen nämlich eine abschließende Harmonisierung dieses Gebiets in der Europäischen Union dar.

Quelle: ra-online, EuGH

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