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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil24.11.2010
EuGH erklärt Vorschriften zu Anpassung der Dienstbezüge von Beamten der Europäischen Union ab Juli 2009 für nichtigRat überschreitet die ihm durch das Beamtenstatut verliehenen Zuständigkeiten
Die Vorschriften der Verordnung des Rates betreffend die Anpassung der Dienstbezüge der Beamten der Europäischen Union ab Juli 2009 sind nichtig. Indem der Rat in der Verordnung eine von dem Vorschlag der Kommission abweichende Anpassung der Dienstbezüge vorgenommen hat, ohne auf das spezifische Verfahren zurückzugreifen, das im Beamtenstatut für den Fall einer erheblichen, abrupten Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage vorgesehen ist, hat er die Zuständigkeiten, die ihm durch das Beamtenstatut verliehen sind, überschritten. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden.
Das Beamtenstatut sieht vor, dass der Rat bis Ende eines jeden Jahres über die Anpassung der Dienstbezüge der Beamten der Union mit Wirkung vom 1. Juli des laufenden Jahres beschließt.
Kommission schlägt Dienstbezugserhöhung um 3,7 % vor
Im vorliegenden Fall hat die Kommission im November 2009 eine Erhöhung der Dienstbezüge um 3,7 % vorgeschlagen. Am 23. Dezember 2009 hat der Rat mit der angefochtenen Verordnung über die Erhöhung entschieden. Er hat angenommen, dass der Vorschlag der Kommission zur Anpassung der Dienstbezüge geändert werden müsse, um der Wirtschafts- und Finanzkrise Rechnung zu tragen. Er hat die neuen Beträge der Dienstbezüge auf der Grundlage eines Anpassungssatzes von 1,85 % festgesetzt.
Kommission erhebt Nichtigkeitsklage gegen Vorschriften
Die Kommission hat Nichtigkeitsklage gegen die Vorschriften der Verordnung erhoben, die diese Beträge festlegen. Sie war nämlich der Meinung, dass das Beamtenstatut eine automatische Methode zur Anpassung der Dienstbezüge vorsieht, die dem Rat keinen Ermessensspielraum lässt, der es diesem erlaubt, von dem Vorschlag der Kommission abzuweichen.
Rat verfüge über Ermessensspielraum
Der Rat hat dagegen geltend gemacht, dass er bezüglich der jährlichen Anpassung der Dienstbezüge immer über einen Ermessensspielraum verfüge, ohne jedoch zu bestreiten, dass die von der Kommission zur Anpassung der Bezüge vorgelegte Berechnung nach den Vorschriften des Beamtenstatuts ordnungsgemäß vorgenommen worden sei.
Gehaltsentwicklung im Bereich der Union soll an Gehaltsentwicklung in Referenzmitgliedstaaten angepasst werden
Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die in Art. 65 des Beamtenstatuts enthaltene Grundregel über die jährliche Überprüfung der Dienstbezüge der Beamten der Union sowie deren eventuelle Anpassung dem Rat Ermessen verleiht. Allerdings enthält das Beamtenstatut für die Dauer von acht Jahren einen Annex XI, der die Anwendungsmodalitäten des Artikels 65 bestimmt und dessen Artikel 3 die Kriterien, die für die jährliche Anpassung des Besoldungsniveaus maßgeblich sind, abschließend festlegt. Diese Kriterien beruhen im Wesentlichen auf dem Gedanken, die Gehaltsentwicklung im Bereich der Union, wenn auch mit einer gewissen Verschiebung, an die Gehaltsentwicklung in den acht Referenzmitgliedstaaten zwischen dem Monat Juli des Vorjahres und dem Monat Juli des laufenden Jahres anzupassen.
Ziel ist mittelfristige Stabilität zu erreichen
Aufgrund der Untersuchung der Funktion von Annex XI des Beamtenstatuts, seines rechtlichen Ranges und seiner Entstehungsgeschichte gelangt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass der Rat mit dem Erlass dieses Annexes die autonome Entscheidung getroffen hat, sich für dessen Geltungsdauer im Rahmen der Ausübung seines Ermessens aus Art. 65 des Beamtenstatuts an die Beachtung der in Artikel 3 des genannten Annexes abschließend festgelegten Kriterien zu binden. Diese Entscheidung ist insbesondere im Hinblick auf das Ziel gerechtfertigt, mittelfristig für eine gewisse Stabilität zu sorgen und zu vermeiden, dass wiederholt Diskussionen und Schwierigkeiten, vor allem zwischen den Arbeitnehmerorganisationen und den beteiligten Organen, darüber auftreten, inwieweit eine Anpassung der Dienstbezüge gerechtfertigt oder notwendig ist.
Ausnahmeklausel erlaubt Berücksichtigung einer Wirtschaftskrise
Im Hinblick auf die Möglichkeit, die Auswirkungen einer schweren Wirtschaftskrise zu berücksichtigen, erinnert der Gerichtshof daran, dass Annex XI des Beamtenstatuts mit Artikel 10 eine Ausnahmeklausel enthält, die ein spezifisches Verfahren der Anpassung der Dienstbezüge für den Fall einer erheblichen, abrupten Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage vorsieht. Diese Vorschrift ist die einzige im Beamtenstatut vorgesehene Möglichkeit, die es dem Rat erlaubt, eine Wirtschaftskrise im Rahmen der jährlichen Anpassung der Dienstbezüge zu berücksichtigen und von den in Artikel 3 des genannten Annexes festgelegten Kriterien abzuweichen.
Obwohl dieses Verfahren von einem Vorschlag der Kommission abhängt, stellt die Vorlage entsprechender Vorschläge im Fall einer erheblichen, abrupten Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage nicht nur eine schlichte Möglichkeit für dieses Organ dar, das zudem die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit zwischen den Organen zu beachten hat.
Ermessensspielraum nur mit Rückgriff auf besonderes Rechtssetzungsverfahren
Der Gerichtshof gelangt somit zu dem Ergebnis, dass der Rat nicht über einen Ermessensspielraum verfügt, der es ihm erlaubt, ohne Rückgriff auf das besondere Rechtssetzungsverfahren nach Annex XI Artikel 10 des Beamtenstatuts eine Anpassung der Dienstbezüge aufgrund einer Wirtschaftskrise festzusetzen, die von dem Vorschlag der Kommission abweicht, der allein auf der Grundlage der in Annex XI Artikel 3 des Beamtenstatuts festgelegten Kriterien beruht.
Die Artikel der Verordnung, die die neuen Beträge der Dienstbezüge festlegen, werden deshalb für nichtig erklärt. Allerdings werden die Wirkungen dieser Artikel aufrechterhalten, bis der Rat eine neue Verordnung erlassen hat, um die Kontinuität der Regelung für die Dienstbezüge zu wahren.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.11.2010
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ ra-online
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