21.11.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil09.06.2011

EuGH: Frankreichs Maßnahmen zum Schutz des Feldhamsters im Elsass nicht ausreichendVerstoß gegen Verpflichtungen aus Habita­trichtlinie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt des Feldhamsters

Frankreich hat bis 2008 keine ausreichenden Maßnahmen zum Schutz des Feldhamsters im Elsass getroffen. Die Habita­trichtlinie verlangt von den Mitgliedstaaten, einen strengen Schutz dieser Art sicherzustellen, um tatsächlich jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zu verhindern. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die Kommission den Gerichtshof angerufen, weil sie die Auffassung vertritt, dass Frankreich gegen einige seiner Verpflichtungen aus der Habita­trichtlinie, die die Erhaltung der biologischen Vielfalt fördern sollen, verstoßen hat, indem es kein Programm von Maßnahmen aufgestellt hat, die einen strengen Schutz des Feldhamsters ermöglichen.

Kommission wirft Frankreich mangelhafte Maßnahmen zur Sicherstellung des Schutzes der Feldhamster vor

Die Kommission wirft Frankreich vor, bis 2008 keine ausreichenden Maßnahmen getroffen zu haben, um im Elsass (Frankreich), der einzigen Region, in der der Feldhamster vorkommt, einen strengen Schutz dieser Art sicherzustellen, die durch die ungünstige landwirt­schaftliche Praxis und Entwicklung des Städtebaus, die seine Fortpflanzungs- und Ruhestätten stören, kurzfristig vom Aussterben bedroht ist.

Strenger Schutz des Feldhamsters nicht ausreichend sichergestellt

In seinem Urteil hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass die Maßnahmen, die Frankreich zum Schutz des Feldhamsters im Elsass bis zum 5. August 2008 durchgeführt hatte, nicht ausreichten, um einen strengen Schutz der Art sicherzustellen.

Sicher­heits­system muss Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von bestimmten Tierarten verhindern

Der Gerichtshof verweist darauf, dass die Habita­trichtlinie von den Mitgliedstaaten verlangt, Maßnahmen zu treffen, um ein strenges Schutzsystem der Tierarten „von gemein­schaft­lichem Interesse“, zu denen der Feldhamster gehört, einzuführen. Ein solches System muss also im Stande sein, tatsächlich die Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der in der Richtlinie genannten Tierarten zu verhindern.

Zahl der Feldhamsterbaue deutlich zurück gegangen

Den Akten ist zu entnehmen, dass zwischen 2001 und 2007 die Zahl der Feldhamsterbaue (ein Bau steht für ein Tier) in den „Kernzonen“ von 1.160 auf weniger als 180 zurückgegangen ist, wohingegen die Schwelle der überle­bens­fähigen Mindest­po­pu­lation bei 1.500 Exemplaren liegt, verteilt auf einem zusam­men­hän­genden Gebiet von 600 Hektar bei günstigen Boden­ver­hält­nissen.

Verstärkter Anbau von Mais für Feldhamster verhängnisvoll

Nach dieser Feststellung untersucht der Gerichtshof die Maßnahmen, die Frankreich durchgeführt hat, um auf die beiden Ursachen für den Rückgang des Feldhamsters, nämlich eine bestimmte landwirt­schaftliche Praxis und die Entwicklung des Städtebaus, einzuwirken. Hinsichtlich der landwirt­schaft­lichen Praxis räumt Frankreich ein, dass der verstärkte Anbau von Mais für den Feldhamster verhängnisvoll gewesen und diese Entwicklung im Elsass nicht vollständig aufgehalten worden sei.

Maßnahmen zur Erreichung einer lebensfähige Population von Feldhamstern

Um nun in dieser Situation Abhilfe zu schaffen, wurden drei prioritäre Aktionszonen (zones d'action prioritaire, im Folgenden: ZAP) geschaffen, in denen auf jegliche Boden­nut­zung­s­än­de­rungen, sofern sie nicht mit der Landwirtschaft zusammenhängen, verzichtet und als Ziel ein Anteil von 22 % bei den für den Feldhamster günstigen Anbaukulturen, nämlich 2 % Luzerne und 20 % Halmgetreide, festgelegt wurden, um schließlich eine lebensfähige Population von ca. 1.200 bis 1.500 Exemplaren pro Zone zu erreichen. Diese Agrarum­welt­maß­nahmen sind zwar geeignet, die landwirt­schaftliche Praxis in eine für diese Art günstige Bahn zu lenken, insbesondere durch die finanzielle Unterstützung von Landwirten, um den Anbau von Luzerne und Wintergetreiden stärker zu fördern, doch es zeigt sich, dass das Ziel von 22 % bei den für diese Art günstigen Anbaukulturen im Jahr 2008 erst in einem der drei ZAP erreicht worden ist, die im Übrigen nur 2 % aller für den Feldhamster günstigen Flächen im Elsass ausmachen.

Frankreich schlägt weitere Maßnahmen zur Stabilisierung des Bestands der Art vor

In diesem Zusammenhang schlugen die französischen Behörden außerdem eine Änderung des Umfangs der ZAP vor, insbesondere um die in deren Nähe gelegenen Abschnitte, die Hamster beherbergten, mit einzubeziehen. Zudem erklärten die französischen Behörden der Kommission gegenüber, dass die Anpas­sungs­dynamik der landwirt­schaft­lichen Praxis in dem – nach den Angaben Frankreichs 49 % der für die Art günstigen Flächen umfassenden – „Wieder­be­sie­de­lungs­gebiet“, die zur unbestreitbaren Stabilisierung des Bestands der Art beigetragen habe, erweitert und verstärkt würde, und zwar insbesondere durch die Durchführung territorial festgelegter Agrarum­welt­maß­nahmen, durch die im Laufe des Jahres 2011 ein Anteil von 22 % bei den für diese Art günstigen Anbaukulturen erreicht werden soll.

Maßnahmen, die Frankreich bis 2008 durchgeführt hatte, nicht Maßnahmen zur Verhinderung einer Beschädigung oder der Vernichtung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten des Feldhamsters nicht ausreichend

Hinsichtlich der Entwicklung des Städtebaus stellt der Gerichtshof erstens fest, dass das Verbot jeder neuen Bebauung in den ZAP, selbst wenn es tatsächlich zwingend wäre, nur 2 % aller für den Feldhamster günstigen Flächen betrifft. Zweitens muss im „Wieder­be­sie­de­lungs­gebiet“ für jedes Städte­bau­vorhaben, das sich über eine Fläche von einem Hektar oder mehr erstreckt, durch eine wissen­schaftliche Studie dessen Unschädlichkeit für diese Art nachgewiesen werden. Wenn dieser Beweis nicht erbracht wird, kann das Vorhaben nur mit einer ministeriellen Ausnah­me­ge­neh­migung verwirklicht werden. Zum einen sind jedoch die Voraussetzungen für eine Ausnah­me­ge­neh­migung nicht genau festgelegt und zum anderen wird im Falle einer solchen Ausnah­me­ge­neh­migung keine Ausgleichs­maßnahme verlangt. Drittens unterlagen die Städte­bau­vorhaben, die eine Fläche von weniger als einem Hektar beanspruchen, am 5. August 2008 keiner Formalität, durch die hätte überprüft werden können, dass diese Vorhaben auf die Erhaltung des Feldhamsters keine Auswirkung haben. Folglich stellt der Gerichtshof fest, dass die Maßnahmen, die Frankreich bis 2008 durchgeführt hatte, nicht ausreichten, um die Beschädigung oder die Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten des Feldhamsters tatsächlich zu verhindern.

Zusammenhang zwischen Verwendung von Nitraten und Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten des Feldhamsters von Kommission nicht hinreichend belegt

Hingegen wies der Gerichtshof die Rüge der Kommission, dass das Aktionsprogramm für die Jahre 2008 bis 2010 zur Einschränkung der Nitratbelastung unzulänglich sei, mit der Begründung zurück, dass die Kommission den Zusammenhang zwischen der Verwendung von Nitraten in der Landwirtschaft und der Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten des Feldhamsters rechtlich nicht hinreichend dargetan hat.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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