21.11.2024
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Dokument-Nr. 3659

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Bundesverwaltungsgericht sonstiges17.01.2007

Geplante Autobahn A 143 verstößt gegen europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie)BVerwG stoppt Weiterbau der Westumfahrung Halle

Der Bau der Bundesautobahn A 143 (Westumfahrung Halle) verstößt gegen europäisches Natur­schutzrecht. Eine gegen den Bau gerichtete Klage eines Natur­schutz­vereins hatte beim Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig Erfolg. Dieses hat den Weiterbau gestoppt.

Gegenstand der streitigen Planfest­stellung ist im Wesentlichen ein etwa 12 km langes Teilstück der A 143, das im Naturpark „Unteres Saaletal" zwei Schutzgebiete nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) queren soll („Muschel­ka­lkhänge westlich von Halle" und „Porphy­r­kup­pen­land­schaft nordwestlich Halle"). Die A 143 ist im gesetzlichen Bedarfsplan für die Bundes­fern­straßen als „vordringlicher Bedarf" aufgeführt und gehört zu den „Verkehr­s­pro­jekten Deutsche Einheit". Fertig gestellt ist bislang das südliche Teilstück der A 143 von der A 38 bis zur Anschlussstelle Halle–Neustadt (Knotenpunkt mit der B 80).

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat entschieden, dass die Planfest­stellung trotz darin vorgesehener konflikt­min­dernder Maßnahmen (z.B. dem Bau von Grünbrücken im Bereich der FFH-Gebiete) bislang nicht den Anforderungen des europäischen Natur­schutz­rechts genüge. Die Querung von FFH-Gebieten durch eine Autobahntrasse löse ein strenges Schutzsystem aus, dessen Einhaltung der umfassenden gerichtlichen Kontrolle unterliege. Der Träger des Vorhabens habe in einer FFH-Verträg­lich­keits­prüfung unter Berück­sich­tigung der besten einschlägigen wissen­schaft­lichen Erkenntnisse den Nachweis zu führen, dass eine Beein­träch­tigung der Erhaltungsziele der FFH-Gebiete ausgeschlossen sei. Im Grundsatz könnten dabei zwar auch Schadens­min­derungs- und Schadens­ver­mei­dungs­maß­nahmen zum Schutz der FFH-Gebiete berücksichtigt werden. Verbleibende Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Maßnahmen gingen aber zu Lasten des Vorhabens. Beständen aus wissen­schaft­licher Sicht vernünftige Zweifel an der Tragfähigkeit der Risikoein­schätzung oder des vorgesehenen Risiko­ma­na­gements, dürfe die Verträg­lich­keits­prüfung nicht mit einem positiven Ergebnis für das Vorhaben abgeschlossen werden. Vielmehr könne das Vorhaben dann nur aufgrund einer Abwei­chungs­prüfung zugelassen werden. Dabei müsse der Nachweis erbracht werden, dass zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses die Durchführung des Vorhabens erforderten, denen durch eine die FFH-Gebiete weniger oder gar nicht beein­träch­tigende Alter­na­tiv­lösung nicht genügt werden könne. Außerdem müssten alle notwendigen Ausgleichs­maß­nahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000" ergriffen werden. Seien in der FFHVer­träg­lich­keits­prüfung nicht zu sämtlichen sich konkret abzeichnenden Risiken die besten einschlägigen wissen­schaft­lichen Erkenntnisse abgerufen, dokumentiert und berücksichtigt worden, „infizierten" derartige Mängel notwendig auch eine nachfolgende Abwei­chungs­prüfung.

In Anwendung des im Fachpla­nungsrecht anerkannten Grundsatzes der Planerhaltung sei im beschränkten Umfange zwar eine Fehlerheilung noch im gerichtlichen Verfahren möglich. Der FFH-Verträg­lich­keits­prüfung anhaftende Ermitt­lungs­de­fizite könnten regelmäßig aber nicht durch nachträglichen Vortrag im Prozess aufgefangen werden, sondern erforderten ein ergänzendes Verfahren. Ein solches Verfahren habe das beklagte Landes­ver­wal­tungsamt Sachsen-Anhalt hier hinsichtlich des – im Planfest­stel­lungs­be­schluss nicht behandelten – Artenschutzes für Fledermäuse bereits eingeleitet. In dieses Verfahren und die daraufhin ergehende Entscheidung werde nunmehr auch der Gebietsschutz nach der FFH-Richtlinie einzubeziehen sein, soweit die gerichtliche Überprüfung zu Beanstandungen geführt habe. Dementsprechend sei der Planfest­stel­lungs­be­schluss für rechtswidrig zu erklären und außer Vollzug zu setzen.

Ohne Erfolg blieb das weitergehende Klagebegehren, den Planfest­stel­lungs­be­schluss aufzuheben. Dass dem Vorhaben unüberwindbare Hindernisse entgegenstünden, sei bisher nicht erkennbar. Soweit der Kläger vom Gericht die Einholung von Gutachten fordere, um gerade dies zu belegen, verkenne er, dass eine gerichtliche Kontrolle nicht Feststellungen vorwegnehmen könne, die nach dem europäischen Recht der zuständigen Behörde vorbehalten seien.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 2/2007 des BVerwG vom 17.01.2007

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