Der Bayerische Brauerbund ist ein deutscher eingetragener Verein, der sich dem Schutz der gemeinsamen Interessen der bayerischen Brauwirtschaft widmet; er wurde 1917 gegründet und war 1968 Inhaber der eingetragenen Kollektivmarken „Bayrisch Bier“ und „Bayrisches Bier“. 1993 beantragte er bei der deutschen Regierung die Eintragung der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ als geschützte geographische Angabe (g.g.A.). Dieser Antrag führte im Jahr 2001 – ungeachtet der Einwände verschiedener Mitgliedstaaten – zur Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“.
Bavaria ist ein niederländischer Bierhersteller, der auf dem internationalen Markt präsent ist und das Wort „Bavaria“ seit 1925 benutzt. Bavaria ist Inhaberin verschiedener Marken, die das Wort „Bavaria“ enthalten und in der Zeit seit 1947 eingetragen wurden. Bavaria Italia gehört zur Unternehmensgruppe von Bavaria.
Im Jahr 2004 erhob der Bayerische Brauerbund in Turin, ähnlich wie zuvor in verschiedenen anderen Mitgliedstaaten, beim Tribunale di Torino eine Klage mit dem Antrag, Bavaria und Bavaria Italia die Benutzung ihrer Marken in Italien zu verbieten. Das Tribunale di Torino gab der Klage des Bayerischen Brauerbunds teilweise statt, wogegen Bavaria und Bavaria Italia Berufung einlegten. Vor diesem Hintergrund legte das italienische Berufungsgericht, die Corte d’appello di Torino, dem Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor, die die Gültigkeit der Verordnung über den Schutz geographischer Angaben und die Konsequenzen betreffen, die sich aus der Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ für die vorher bestehenden Marken mit dem Wort „Bavaria“ ergeben.
Die Prüfung der Vorlagefragen durch den Gerichtshof hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung über die geschützten geographischen Angaben berühren könnte, und zwar weder unter dem Aspekt ihres Anwendungsbereichs noch unter dem ihrer Rechtsgrundlage, noch unter dem des so genannten „vereinfachten“ Eintragungsverfahrens.
Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Prüfung der Voraussetzungen für die Eintragung einer Bezeichnung als g.g.A. gründliche Kenntnisse von Besonderheiten des betreffenden Mitgliedstaats erfordert und der Kontrolle durch die nationalen Gerichte unterliegt. Diese Eintragungsvoraussetzungen wurden von den deutschen Behörden seinerzeit geprüft, ohne dass die Stichhaltigkeit ihrer Entscheidung vor einem nationalen Gericht in Frage gestellt worden wäre. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Gemeinschaftsorgane zu Recht zu dem Schluss gelangten, dass die g.g.A. „Bayerisches Bier“ die sachlichen Voraussetzungen für ihre Eintragung erfüllte und auch nicht zu einer Gattungsbezeichnung geworden war, da der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Ansehen von bayerischem Bier und seinem geographischen Ursprung nicht verschwunden ist.
Der Gerichtshof führt aus, dass in Fällen, in denen ein Konflikt mit einer vorher bestehenden Marke besteht, die Gemeinschaftsorgane – auf der Grundlage einer vorherigen Prüfung der Frage, ob der Verbraucher über die Identität des Erzeugnisses irregeführt werden kann – die Eintragung einer g.g.A. ablehnen können. Wurde eine g.g.A. einmal eingetragen, ist es hingegen Sache der nationalen Gerichte, zu überprüfen, ob die Marke vor dem Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung der g.g.A. in gutem Glauben eingetragen wurde und ob sie nicht bestimmten Gründen für die Ungültigkeit oder den Verfall unterliegt, um ihre weitere, mit der g.g.A. in Konflikt stehende Benutzung gestatten zu können.
Im Ergebnis stellt der Gerichtshof somit fest, dass die Verordnung über die Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ weder die Gültigkeit der vorher bestehenden Marken Dritter mit dem Wort „Bavaria“ noch die Möglichkeit der weiteren Benutzung dieser Marken, die einen der in der Verordnung über die geschützten geographischen Angaben aufgeführten Konflikttatbestände erfüllt, beeinträchtigt, sofern – was von den nationalen Gerichten zu überprüfen ist – die Marken bestimmten Voraussetzungen entsprechen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.07.2009
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 58/09 des EuGH vom 02.07.2009