15.11.2024
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Dokument-Nr. 7359

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil29.01.2009

EuGH zur Anerkennung eines Diploms aus einem anderen EU-Mitgliedstaat

Die bloße "Homologatioin" eines Studi­e­n­ab­schlusses durch einen anderen Mitgliedstaat ist kein " Diplom", das im Mitgliedstaat des Studi­e­n­ab­schlusses Zugang zu einem reglementierten Beruf verschafft. Die Mitgliedstaaten bleiben dafür zuständig, das erforderliche Quali­fi­ka­ti­o­ns­niveau zu bestimmen, um die Qualität der in ihrem Hoheitsgebiet erbrachten beruflichen Leistungen zu sichern.

Die Richtlinie über eine Regelung zur Anerkennung der Diplome (siehe unten) verleiht jedem Antragsteller, der ein "Diplom" besitzt, das ihm die Ausübung eines reglementierten Berufs in einem Mitgliedstaat gestattet, das Recht, den gleichen Beruf in jedem anderen Mitgliedstaat auszuüben.

In Italien ist für die Ausübung des Ingenieurberufs u.a. ein Staatsexamen erforderlich

Die Ausübung des Ingenieurberufs ist sowohl in Italien als auch in Spanien an den Besitz eines Univer­si­täts­diploms und die Aufnahme in das Verzeichnis einer berufs­s­tän­dischen Vereinigung geknüpft. Darüber hinaus ist im italienischen System, anders als im spanischen, ein Staatsexamen vorgesehen, dessen Bestehen unerlässlich ist, um die Befugnis zur Berufsausübung zu erhalten.

Kläger ist Inhaber eines Studi­e­n­ab­schluss­zeug­nisses im Maschi­nen­bau­in­ge­ni­eurswesen

Herr Cavallera, ein italienischer Staats­an­ge­höriger, ist Inhaber eines im Jahr 1999 von der Universität Turin (Italien) im Anschluss an eine dreijährige Ausbildung erteilten Studi­e­n­ab­schluss­zeug­nisses im Maschi­nen­bau­in­ge­ni­eurswesen.

Homologation in Spanien

Im Jahr 2001 beantragte er in Spanien erfolgreich die Homologation seines italienischen Abschlusses mit dem Ziel, dass dieser dem entsprechenden spanischen Univer­si­täts­ab­schluss gleichgestellt werde. Auf der Grundlage der Homolo­ga­ti­o­ns­be­schei­nigung ließ er sich in das Verzeichnis eines der katalanischen "colegios de ingenieros técnicos industriales" eintragen, um in Spanien den reglementierten Beruf des indus­tri­e­tech­nischen Ingenieurs, Fachgebiet Maschinenbau, ausüben zu dürfen.

Herr Cavallera hat keine Berufstätigkeit außerhalb Italiens ausgeübt und unter dem spanischen Bildungssystem weder eine Ausbildung absolviert noch eine Prüfung abgelegt. Auch hat er das Staatsexamen nicht abgelegt, das nach italienischem Recht Voraussetzung für die Zulassung zum Ingenieurberuf ist.

Antrag auf Eintragung in das italienische Ingeni­eu­r­ver­zeichnis aufgrund spanischen Befähi­gungs­nach­weises

Im Jahr 2002 erkannte das italienische Ministero della Giustizia auf Antrag von Herrn Cavallera die Gültigkeit des spanischen Befähi­gungs­nach­weises für die Zwecke seiner Eintragung in das Ingeni­eu­r­ver­zeichnis in Italien an.

Consiglio Nazionale degli Ingegneri focht Eintragung an

Der Consiglio Nazionale degli Ingegneri focht diese Entscheidung an und machte geltend, dass die italienischen Behörden nach der Richtlinie und dem einschlägigen nationalen Recht den spanischen Befähi­gungs­nachweis von Herrn Cavallera nicht hätten anerkennen dürfen, da diese Anerkennung zur Folge habe, dass Herr Cavallera von dem nach italienischem Recht vorgesehenen Staatsexamen freigestellt werde.

EuGH: Mitglieds­s­taaten dürfen Mindesniveau der Qualität der in ihrem Hoheitsgebiet sichern

Der im letzten Rechtszug befasste Consiglio di Stato möchte vom Gerichtshof wissen, ob sich Herr Cavallera für den Zugang zum Ingenieurberuf in Italien auf die Richtlinie 89/48 berufen kann. Der Gerichtshof stellt fest, dass schon nach der in der Richtlinie enthaltenen Definition der Begriff "Diplom" nicht einen in einem Mitgliedstaat ausgestellten Befähi­gungs­nachweis umfasst, mit dem keine unter das Bildungssystem dieses Mitgliedstaats fallende Ausbildung bescheinigt wird und dem weder eine Prüfung noch eine in diesem Mitgliedstaat erworbene Berufserfahrung zugrunde liegt. Die Anwendung der Richtlinie in einem solchen Fall liefe nämlich darauf hinaus, demjenigen, der in dem Mitgliedstaat, in dem er sein Studium absolviert hat, nur einen Befähi­gungs­nachweis erworben hat, der für sich nicht den Zugang zu dem reglementierten Beruf eröffnet, den Zugang gleichwohl zu ermöglichen, ohne dass die anderswo erworbene Homolo­ga­ti­o­ns­be­schei­nigung aber den Erwerb einer zusätzlichen Qualifikation oder von Berufserfahrung belegt. Dies liefe dem in der Richtlinie verankerten Grundsatz zuwider, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit behalten, das Mindestniveau der notwendigen Qualifikation mit dem Ziel zu bestimmen, die Qualität der in ihrem Hoheitsgebiet erbrachten Leistungen zu sichern.

Richtlinie über eine Regelung zur Anerkennung der Diplome

Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschul­diplome, die eine mindestens dreijährige Berufs­aus­bildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16).

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 06/09 des EuGH vom 29.01.2009

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