03.12.2024
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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil26.06.2007

Rechtsanwälte in der EU müssen Verdacht auf Geldwäsche meldenInfor­ma­ti­o­ns­pflicht verstößt nicht gegen Recht auf faires Verfahren

Das Recht auf ein faires Verfahren wird nicht dadurch verletzt, dass Rechtsanwälten, wenn sie an bestimmten Transaktionen finanzieller Art Verpflichtungen zur Information und zur Zusammenarbeit mit den für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständigen Behörden auferlegt werden. Derartige Pflichten finden in der Notwendigkeit der wirksamen Bekämpfung der Geldwäsche ihre Rechtfertigung. Dies hat der Europäische Gerichtshof entschieden.

Die Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche ist eines der wichtigsten internationalen Rechts­in­strumente zur Bekämpfung der Geldwäsche. 2001 wurde sie im Einklang mit den Schluss­fol­ge­rungen der Kommission und den Forderungen des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten aktualisiert. Notare und selbständige Angehörige von Rechtsberufen im Sinne der von den Mitgliedstaaten vorgenommenen Definition unterliegen künftig den Bestimmungen der Richtlinie, wenn sie an Finanz- oder Immobi­li­en­trans­ak­tionen mitwirken oder im Namen und für Rechnung von Gesellschaften Finanz- oder Immobi­li­en­trans­ak­tionen erledigen.

Mit zwei am 22. Juli 2004 von mehreren Rechts­an­walts­kammern erhobenen Klagen wurde bei der Cour d'arbitrage (Cour consti­tu­ti­o­nnelle, Belgien) beantragt, bestimmte Artikel des belgischen Gesetzes zur Umsetzung dieser Richtlinie für nichtig zu erklären.

Die Kläger tragen insbesondere vor, dass in nicht zu recht­fer­ti­gender Weise die Grundsätze des Berufs­ge­heim­nisses und der anwaltlichen Unabhängigkeit, die konstitutiver Bestandteil des Grundrechts jedes Bürgers auf ein faires Verfahren und auf die Beachtung der Vertei­di­gungs­rechte seien, verletzt würden, indem auch Rechtsanwälte verpflichtet würden, wenn sie auf Tatsachen stießen, von denen sie wüssten oder hinsichtlich deren sie den Verdacht hätten, dass sie mit Geldwäsche zusammenhingen, die zuständigen Behörden zu unterrichten und ihnen zusätzlich Auskünfte zu erteilen, die diese für nützlich hielten.

Vor diesem Hintergrund fragte die Cour d'arbitrage den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, ob das Recht auf ein faires Verfahren dadurch verletzt wird, dass Rechtsanwälte zur Information und zur Zusammenarbeit mit den für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständigen Behörden verpflichtet werden.

Der Gerichtshof erinnert daran, dass die Pflichten zur Information und zur Zusammenarbeit für Rechtsanwälte nur insoweit gelten, als sie ihren Mandanten bei der Planung oder Durchführung bestimmter Transaktionen, die im Wesentlichen finanzieller Art sind oder Immobilien betreffen, unterstützen oder im Namen und für Rechnung ihres Mandanten Finanz- oder Immobi­li­en­trans­ak­tionen erledigen. Diese Tätigkeiten finden im Allgemeinen schon aufgrund ihrer Art in einem Kontext, der keine Verbindung zu einem Gerichts­ver­fahren hat, und somit außerhalb des Anwen­dungs­be­reichs des Rechts auf ein faires Verfahren statt.

Keine Meldepflicht bei Auftrag zur Verteidigung des Mandanten

Sobald ein Rechtsanwalt um Beistand im Zusammenhang mit der Verteidigung, der Vertretung vor Gericht oder einer Beratung über das Betreiben oder Vermeiden eines Verfahrens ersucht wird, ist er von den Pflichten zur Information und zur Zusammenarbeit befreit, ganz gleich, ob er die Informationen vor, während oder nach dem Verfahren erlangt hat. Eine solche Befreiung wahrt das Recht des Mandanten auf ein faires Verfahren.

Dagegen läuft es den aus dem Recht auf ein faires Verfahren resultierenden Anforderungen nicht zuwider, dass die Rechtsanwälte, wenn sie in dem klar abgesteckten Rahmen der genannten Finanz- und Immobi­li­en­trans­ak­tionen tätig sind, die keine Verbindung zu einem Gerichts­ver­fahren haben, den von der Richtlinie aufgestellten Verpflichtungen zur Information und zur Zusammenarbeit unterliegen, da diese Verpflichtungen durch die Notwendigkeit der wirksamen Bekämpfung der Geldwäsche gerechtfertigt sind, die einen offenkundigen Einfluss auf die Entwicklung des organisierten Verbrechens hat, das wiederum eine besondere Bedrohung für die Gesellschaften der Mitgliedstaaten darstellt.

Der Gerichtshof hat daher entschieden, dass das Recht auf ein faires Verfahren nicht dadurch verletzt wird, dass Rechtsanwälten, wenn sie an bestimmten Transaktionen finanzieller Art mitwirken, die keine Verbindung zu einen Gerichts­ver­fahren haben, Verpflichtungen zur Information und zur Zusammenarbeit mit den für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständigen Behörden auferlegt werden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 43/07 des EuGH vom 26.06.2007

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