21.11.2024
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Dokument-Nr. 11494

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil14.04.2011

EuGH: Decoder mit Festplatte wie „Sky“+-STB sind als zollfreie Set-Top-Boxen anzusehenHauptfunktion des Geräts für Verbraucher ist Empfang verschlüsselter Fernseh­pro­gramme – Aufzeich­nungs­funktion nur zweitrangig

Decoder mit Festplatte – wie die „Sky+“-STB – sind für Zwecke des Zolls als Set-Top-Boxen mit Kommu­ni­ka­ti­o­ns­funktion und nicht als Aufzeich­nungs­geräte zu tarifieren. Sie sind daher von Zoll befreit und dürfen nicht dem Satz von 13,9 % unterworfen werden. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

Das Recht der Union legt fest, welche Zollsätze auf Gegenstände angewandt werden, die aus einem Drittland in die Europäische Union eingeführt werden. So findet sich in der jährlich von der Kommission veröf­fent­lichten Kombinierten Nomenklatur ein System zur Tarifierung von Waren und der auf die jeweilige Gruppe anwendbare Tarif. Erläuterungen zu dieser Nomenklatur – ebenfalls von der Kommission veröffentlicht – liefern ergänzende Hinweise zur Tarifierung der Waren. Die Kombinierte Nomenklatur beruht auf dem Harmonisierten System zur Tarifierung der Waren auf internationaler Ebene, dessen Tarifie­rungs­po­si­tionen sie weitgehend übernimmt.

Sachverhalt

British Sky Broadcasting, der größte Anbieter digitaler Satel­li­ten­fern­seh­dienste im Vereinigten Königreich, importiert einen Satel­li­ten­fern­se­h­emp­fänger, der als „Sky+“-STB bezeichnet und von Pace für Sky hergestellt wird. Diese Box, die mit einer Kommu­ni­ka­ti­o­ns­funktion ausgestattet ist, enthält eine Festplatte, die es dem Endverbraucher ermöglicht, von Sky ausgestrahlte Programme aufzuzeichnen.

Sky und Pace wehren sich gegen Eingruppierung der „Sky+“-STB als Aufzeich­nungsgerät

Sky und Pace wandten sich gegen Bescheide der Commissioners for Her Majesty's Revenue & Customs (britische Zollbehörden), mit denen diese die „Sky+“-STB gemäß den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur als Aufzeich­nungsgerät tarifiert hatten. Ihrer Ansicht nach ist die „Sky+“-STB als Set-Top-Box mit Kommu­ni­ka­ti­o­ns­funktion zu tarifieren. Aufzeich­nungs­geräte unterliegen einem Zollsatz von 13,9 %, während Set-Top-Boxen von Zoll befreit sind.

„Sky“+-STB sind nicht als Aufzeich­nungs­geräte zu tarifieren

Das mit diesen Streitigkeiten befasste First-tier Tribunal (Tax Chamber) fragt den Gerichtshof nach der zutreffenden Tarifierung der „Sky+“-STB. In seinem Urteil antwortet der Gerichtshof der Europäischen Union, dass Decoder mit Festplatte, wie die „Sky“+-STB, als Set-Top-Boxen mit Kommu­ni­ka­ti­o­ns­funktion und nicht als Aufzeich­nungs­geräte zu tarifieren sind.

Gerät ist nach kennzeichnender Hauptfunktion einzugruppieren

Hierzu weist der Gerichtshof darauf hin, dass Elektrogeräte, die mehrere Funktionen aufweisen und in verschiedene Gruppen eingereiht werden können, nach der das Gerät kennzeichnenden Hauptfunktion einzureihen sind.

Möglichkeit, Fernseh­pro­gramme aufzuzeichnen, stellt nur zusätzlichen Dienst dar

Decoder des Typs „Sky+“-STB werden an Anbieter von Fernsehdiensten wie Sky verkauft, die sie ihren Kunden zur Verfügung stellen, damit diese Zugang zu ihren Programmen erhalten. Ein Verbraucher, der bei einem Anbieter wie Sky ein Abonnement abschließt, lässt sich demnach hauptsächlich von dem Wunsch leiten, Zugang zu den angebotenen Fernseh­pro­grammen zu erhalten; hierfür muss er sich eine Box wie die „Sky+“-STB anschaffen. Die Möglichkeit, die empfangenen Fernseh­pro­gramme aufzuzeichnen, mit der dieses Modell darüber hinaus ausgestattet ist, stellt nur einen zusätzlichen Dienst dar.

„Sky+“-STB ermöglicht nur Aufzeichnung der mit dem Decoder zu empfangenen Programme

Wählt der Verbraucher dieses Produkt, sucht er nicht in erster Linie nach einer Aufzeich­nungs­funktion, sondern nach einer Funktion zur Entschlüsselung der Fernsehsignale, selbst wenn die Möglichkeit der Aufzeichnung oder die Anzahl an Stunden von Programmen, die aufgezeichnet werden können, seine Wahl beeinflussen kann. Diese Feststellung wird dadurch bestätigt, dass die „Sky+“-STB nicht die Aufzeichnung von Videoinhalten ermöglicht, die von anderen externen Geräten (Fernse­h­emp­fangs­geräten, Kameras oder Videorekordern) stammen, dass sie sich nicht zur Wiedergabe von Videoinhalten externer Träger – wie DVDs oder Videobändern – eignet und dass sie keine Videoinhalte auf solchen externen Trägern speichern kann.

Aufzeich­nungs­funktion nur zweitrangig

Die „Sky+“-STB soll also hauptsächlich für den Empfang von Fernsehsignalen verwendet werden, und diese Funktion wohnt dem Gerät inne. Sie stellt daher seine Hauptfunktion dar, während die Aufzeich­nungs­funktion nur zweitrangig ist.

Folglich sind die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, an denen die Commissioners ihren Bescheid ausgerichtet haben, in diesem Punkt nicht zu berücksichtigen.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online

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