21.11.2024
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Dokument-Nr. 26522

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil04.10.2018

EuGH zum Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub auch für Zeit des ElternurlaubsKeine Gleichstellung von Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung mit Zeitraum eines Elternurlaubs

Die nationale Bestimmung, wonach bei der Berechnung der Dauer des einem Arbeitnehmer gewährleisteten bezahlten Jahresurlaubs die Dauer eines von dem Arbeitnehmer genommenen Elternurlaubs nicht berücksichtigt wird, ist mit dem Unionsrecht vereinbar. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden.

Im hier zu entscheidenden Fall nahm eine Richterin am Tribunal Botosani (Landgericht Botosani) vom 1. Oktober 2014 bis 3. Februar 2015 Mutter­schafts­urlaub. Vom 4. Februar bis 16. September 2015 nahm sie Elternurlaub für die Erziehung eines Kindes im Alter von unter zwei Jahren. Während dieses Zeitraums war ihr Arbeits­ver­hältnis ausgesetzt. Vom 17. September bis 17. Oktober 2015 nahm sie 30 Tage bezahlten Jahresurlaub.

Richterin begehrt Gewährung von Resturlaub

Auf der Grundlage des rumänischen Rechts, das einen Anspruch auf 35 Tage bezahlten Jahresurlaub vorsieht, beantragte die Richterin beim Gericht, ihr den Restanspruch von fünf Tagen bezahltem Jahresurlaub für 2015 zu gewähren.

Landgericht lehnt Antrag ab

Das Tribunalul Botosani (Landgericht Botosani) lehnte diesen Antrag ab, da nach rumänischem Recht die Dauer des bezahlten Jahresurlaubs an die Zeit tatsächlicher Arbeitsleistung innerhalb des laufenden Jahres gebunden sei und die Dauer des Elternurlaubs, der ihr 2015 gewährt wurde, bei der Berechnung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht als Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung angesehen werde.

Frage des Berufungs­ge­richtshofs, ob Unionsrecht einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegensteht

Dagegen hat die Richterin Klage bei den rumänischen Gerichten erhoben. Vor diesem Hintergrund fragt die Curtea de Apel Cluj (Berufungs­ge­richtshof Cluj, Rumänien) den Gerichtshof, ob das Unions­recht1einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegensteht, nach der bei der Festsetzung der Dauer des Jahresurlaubs die Zeit, in der sich der Arbeitnehmer im Elternurlaub befunden hat, nicht als Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung berücksichtigt wird.

Anspruch auf Mindest­jah­res­urlaub setzt auch tatsächliche Arbeit voraus

In seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass nach dem Unionsrecht jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindest­jah­res­urlaub von vier Wochen hat. Dieser Anspruch ist ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union. Sein Zweck - es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen - beruht auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer im Laufe des Bezugszeitraums tatsächlich gearbeitet hat.

Mutter­schafts­urlaub und Krankheiten von Voraussetzungen für Jahres­ur­laubs­an­spruch ausgenommen

Der Gerichtshof stellt jedoch klar, dass ein Mitgliedstaat in bestimmten besonderen Situationen, in denen Arbeitnehmer nicht in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erfüllen, z. B. weil sie wegen einer ordnungsgemäß belegten Krankheit oder eines Mutter­schafts­urlaubs fehlen, den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht von der Voraussetzung abhängig machen kann, dass die Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet haben.

Elternurlaub keine "besondere Situation"

Die Klägerin, die während des Bezugszeitraums Elternurlaub genommen hat, befindet sich jedoch nicht in einer solchen besonderen Lage. In diesem Zusammenhang stellt der Gerichtshof fest, dass zum einen das Eintreten einer krank­heits­be­dingten Arbeits­un­fä­higkeit grundsätzlich nicht vorhersehbar und vom Willen des Arbeitnehmers unabhängig ist. Außerdem leidet ein Arbeitnehmer im Elternurlaub unter keinen durch eine Erkrankung hervorgerufenen physischen oder psychischen Beschwerden, so dass er sich in einer anderen Lage befindet.

Mutter­schut­z­urlaub dient zum Schutz der körperlichen Verfassung

Zum anderen soll der Mutter­schafts­urlaub dem Schutz der körperlichen Verfassung der Frau während und nach ihrer Schwangerschaft und der besonderen Beziehung zwischen der Mutter und ihrem Kind während der an Schwangerschaft und Entbindung anschließenden Zeit dienen. Diese Situation unterscheidet sich also auch von der eines Arbeitnehmers im Elternurlaub.

Keine Gleichstellung von Zeitraum des Elternurlaubs und Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung

Unter diesen Umständen kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass in einem Fall wie dem des Ausgangs­ver­fahrens der Zeitraum des Elternurlaubs, den der betreffende Arbeitnehmer während des Bezugszeitraums genommen hat, bei der Berechnung seiner Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung nicht gleichgestellt werden kann. Demnach ist eine Bestimmung des nationalen Rechts, wonach bei der Berechnung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub in einem Bezugszeitraum die Dauer eines von dem Arbeitnehmer in diesem Zeitraum genommenen Elternurlaubs nicht als Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung angesehen wird, mit dem Unionsrecht vereinbar.

Erläuterungen

1Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeits­zeit­ge­staltung (ABl. 2003, L299, S.9)

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ ra-online

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