Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Gast einer Gaststätte bestellte im Mai 1989 eine Gänsebrust zum Preis von 16 DM. Da ihm die servierte Gänsebrust aber zu klein war, weigerte er sich diese zu bezahlen. Er wollte daraufhin das Lokal verlassen.
Die Bedienung stellte sich ihm jedoch in den Weg. Dies nahm der Gast zum Anlass der Bedienung mit seinem Herrentäschchen ins Gesicht zu schlagen. Da die Bedienung sich trotz dessen weigerte den Weg frei zu machen, packte der Gast sie an die Schultern und schubste sie gegen eine neben der Tür angebrachte schmiedeeiserne Garderobe. Dadurch erlitt die Bedienung Prellungen und einen Bluterguss. Die Staatsanwaltschaft erhob gegen den Gast Anklage wegen Körperverletzung.
Das Amtsgericht Wunsiedel verurteilte den Gast wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) und Nötigung (§ 240 StGB) zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 60 DM. Die dagegen eingelegte Berufung wies das Landgericht Hof zurück und erhöhte zudem die Geldstrafe auf 90 Tagessätze. Gegen diese Entscheidung legte der Gast Revision ein.
Das Bayerische Oberste Landesgericht entschied zu Gunsten des Gastes und hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Es sei seiner Ansicht nach zweifelhaft gewesen, dass der Gast sich strafbar gemacht hat. Denn durch das Verhindern am Verlassen des Lokals durch die Bedienung habe ein Angriff auf die Fortbewegungsfreiheit vorgelegen. Einem solchen Angriff könne sich grundsätzlich jede Person erwehren. Etwas anderes könne dann gelten, wenn das Hindern am Verlassen des Lokals aufgrund eines Selbsthilferechts (§ 229 BGB) gerechtfertigt war. Dies sei hier aber zweifelhaft gewesen.
Nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgericht habe das Landgericht keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Voraussetzungen eines Selbsthilferechts gegeben waren. So sei einer der Voraussetzungen das Vorliegen eines tatsächlich bestehenden Anspruchs. Zwar habe der Gastwirt grundsätzlich einen Zahlungsanspruch gegenüber dem bestellenden Gast. Der Gast habe hier jedoch einen Qualitätsmangel geltend gemacht. Es sei daher möglich gewesen, dass der Gast wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist. Aufgrund dessen wäre es die Aufgabe des Landgerichts gewesen, zu klären, ob der geltend gemachte Mangel tatsächlich vorlag.
Zwar stehe einem Gastwirt ein Anspruch auf Mitteilung der Personalien des Gastes zur Ermöglichung der Klärung der bestehenden Rechtslage zu, so das Bayerische Oberste Landesgericht weiter. Dieser Anspruch könne auch dadurch gesichert werden, dass ein Gast festgehalten wird. Das Landgericht habe aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob dem Gastwirt oder der Bedienung die Personalien des Gastes unbekannt waren.
Aus den genannten Gründen hob das Bayerische Oberste Landesgericht die Entscheidung des Landgerichts auf und wies den Fall zur Neuentscheidung zurück.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.09.2014
Quelle: Bayerisches Oberstes Landesgericht, ra-online (vt/rb)