Dokument-Nr. 16196
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- NJW 1962, 1782Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1962, Seite: 1782
Bayerisches Oberstes Landesgericht Urteil26.06.1962
Beobachtetes Liebespaar darf sich nicht durch gewaltsames Verhalten gegen Spanner wehrenNotwehr des Voyeurs gegen aggressives Verhalten des Liebespaares
Beobachtet jemand in einem öffentlichen Park ein Paar beim Sex, so macht er sich nicht wegen Beleidigung strafbar. Versucht das Liebespaar den Spanner durch aggressives Verhalten zu vertreiben, kann sich dieser dagegen zur Wehr setzen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts hervor.
Im zugrunde liegenden Fall wollte ein Voyeur nachts in einem öffentlichen Park ein Liebespaar beim Sex beobachten. Er wurde jedoch vom Mann entdeckt. Dieser forderte ihn auf zu verschwinden. Da der Voyeur sich weigerte, packte der Mann ihn und schüttelte ihn kräftig durch. Daraufhin kam es zu einer Rauferei, in deren Verlauf der Voyeur ein Klappmesser zog und dem Mann einen lebensgefährlichen Stich im Rücken beibrachte. Gegen den Voyeur wurde deshalb Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben.
Voyeur handelte in Notwehr
Nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgericht habe der Voyeur in Notwehr gehandelt. Denn dieser habe sich einem rechtswidrigen Angriff gegenübergesehen. Dem Mann habe kein Recht zugestanden durch körperliche Gewalt den Spanner zu vertreiben. Denn dieser habe durch das beabsichtigte Beobachten des Liebesspiels keine Straftat begangen.
Spannen stellte keine strafbare Beleidigung dar
Der Voyeur habe sich nicht wegen einer Beleidigung (§ 185 StGB) strafbar gemacht, so das Gericht weiter. Der Tatbestand werde nicht allein dadurch erfüllt, dass das allgemeine Scham- und Sittlichkeitsgefühl verletzt wird und die Betroffenen in eine Lage gebracht werden, die für sie eine Entwürdigung und Entehrung bedeuten. Vielmehr setze eine Strafbarkeit wegen Beleidigung weiterhin voraus, dass der Voyeur entdeckt und gesehen werden möchte. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
Kein Recht auf ungestörten Sex in der Öffentlichkeit
Zudem sei nach Ansicht der Richter zu beachten gewesen, dass kein Recht dazu besteht, im Freien ungestört und unbehelligt Intimitäten auszutauschen. Vielmehr müsse mit einer Störung gerechnet und sie in Kauf genommen werden. Daher habe kein Recht dazu bestanden, den Voyeur wegzuschicken.
Erläuterungen
Das Urteil ist aus dem Jahr 1962 und erscheint im Rahmen der Reihe "Sommer-Urteile"
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.07.2013
Quelle: Bayerisches Oberstes Landesgericht, ra-online (zt/NJW 1962, 1782/rb)
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