15.11.2024
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Bayerischer Verfassungsgerichtshof Urteil12.10.2010

Angabe der Konfession in Lohnsteuerkarte rechtmäßigVerfGH Bayern: Kirchen­steu­erabzug per Lohnsteuerkarte ist rechtens

Dass auf der Lohnsteuerkarte auch die Religi­o­ns­zu­ge­hö­rigkeit des Arbeitnehmers eingetragen ist, verletzt nicht die Grundsätze der Bayerischen Verfassung. Dies entschied der Bayerische Verfas­sungs­ge­richtshof im Rahmen einer so genannten Popularklage.

Die Antragsteller wandten sich gegen die Verpflichtung der Arbeitnehmer, die Zugehörigkeit oder Nicht­zu­ge­hö­rigkeit zu einer Kirchensteuer erhebenden Religi­o­ns­ge­mein­schaft in die Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen und die Weitergabe dieser Daten an den Arbeitgeber zu dulden. Sie griffen in diesem Zusammenhang Art. 13 Abs. 1 und 2 sowie Art. 25 Satz 1 Kirchen­steu­er­gesetz an. Nach ihrer Auffassung verstoße es gegen die Grundrechte auf informationelle Selbst­be­stimmung (Art. 100, 101 BV) und auf Verschweigen der Religi­o­ns­zu­ge­hö­rigkeit (Art. 107 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 BV), dass der Arbeitgeber beim Abzug der Kirchen­lohn­steuer Kenntnis von der Zugehörigkeit bzw. Nicht­zu­ge­hö­rigkeit des Arbeitnehmers zu einer Kirchensteuer erhebenden Religi­o­ns­ge­mein­schaft erlangt.

Richter weisen Klage ab

Der Bayerische Verfas­sungs­ge­richtshof hat die Popularklage am 12. Oktober 2010 abgewiesen. Es sei verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Arbeitgeber beim Abzug der Kirchen­lohn­steuer gemäß Art. 13 Abs. 1 und 2, Art. 25 Satz 1 Kirchen­steu­er­gesetz Kenntnis von der formellen Zugehörigkeit bzw. Nicht­zu­ge­hö­rigkeit des Arbeitnehmers zu einer Kirchensteuer erhebenden Religi­o­ns­ge­mein­schaft erlangt.

Kein Verstoß gegen Bayerische Verfassung

Art. 13 Abs. 1 und 2 sowie Art. 25 Satz 1 Kirchen­steu­er­gesetz verstießen nicht gegen die Bayerische Verfassung, urteilte der Verfas­sungs­ge­richtshof.

Offenbarung der religiösen Überzeugung

Art. 107 Abs. 5 Satz 1 BV sei nicht verletzt. Nach dieser Bestimmung sei niemand verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat bereits am 17. Oktober 1967 entschieden, dass das Verfahren beim Abzug der Kirchen­lohn­steuer in der von den Antragstellern beanstandeten Form nicht gegen Art. 107 Abs. 5 BV verstoße. Diese Auffassung werde seither in der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts und des Bundes­fi­nanzhofs wiederholt bestätigt, führte der Verfas­sungs­ge­richtshof aus. Auch in der verfas­sungs­recht­lichen Kommen­ta­r­li­teratur werde die Rechtmäßigkeit des von den Antragstellern kritisierten Lohnsteu­er­ab­zugs­ver­fahrens nahezu einhellig bejaht. Es bestehe daher kein Anlass, die aufgeworfenen Fragen erneut zu vertiefen, urteile der Verfas­sungs­ge­richtshof.

Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung

Das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung, das eine Ausprägung der Menschenwürde und der Handlungs­freiheit (Art. 100, 101 BV) darstelle, werde durch die angegriffenen Normen nicht verletzt. Es gebe dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Hierdurch werde jedoch im Hinblick auf das perso­nen­be­zogene Merkmal der Zugehörigkeit zu einer Religi­o­ns­ge­mein­schaft, die zur Erhebung von Kirchensteuern berechtigt sei, ein weitergehender Schutz als durch das insoweit spezielle religiöse Schweigerecht aus Art. 107 Abs. 5 Satz 1 BV nicht garantiert. Die mit dem Verfahren beim Abzug der Kirchen­lohn­steuer verbundene Beschränkung der negativen Bekennt­nis­freiheit sei dem Grunde nach durch die Verfassung selbst vorgesehen. Sie ergebe sich aus Art. 107 Abs. 5 Satz 2 BV in Verbindung mit dem Steue­r­er­he­bungsrecht der Kirchen nach Art. 143 Abs. 3 BV. Die Einschränkung in Art. 107 Abs. 5 Satz 2 BV betreffe im Übrigen nicht die religiöse Überzeugung, sondern lediglich die formale Konfes­si­ons­zu­ge­hö­rigkeit. Deshalb ermöglichten die angegriffenen Bestimmungen auch nur die Weitergabe der Information über die formelle Zugehörigkeit zu einer Kirchensteuer erhebenden Religi­o­ns­ge­mein­schaft an den Arbeitgeber, führten die Richter aus.

Quelle: ra-online, Bayerische Verfassungsgerichtshof

der Leitsatz

Es ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Arbeitgeber beim Abzug der Kirchen­lohn­steuer gemäß Art. 13 Abs. 1 und 2, Art. 25 Satz 1 KirchStG Kenntnis von der formellen Zugehörigkeit bzw. Nicht­zu­ge­hö­rigkeit des Arbeitnehmers zu einer Kirchensteuer erhebenden Religi­o­ns­ge­mein­schaft erlangt.

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