21.11.2024
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil07.08.2008

Abschie­bungs­verbot für jüdische Emigranten aus der ehemaligen SowjetunionAusnahme nur bei Gefahr für die Allgemeinheit

Nach einem Beschluss der Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­ferenz aus dem Jahre 1991 werden jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion den unmittelbar nach dem Kontin­g­ent­flücht­lings­gesetz* aufgenommenen Flüchtlingen gleichgestellt. Sie erhalten auch denselben Rechtsstatus und die sich daraus ergebenden Vergünstigungen, wie z.B. unbefristete Aufent­halt­s­er­laubnis, Einglie­de­rungs­hilfen und Zugang zum Arbeitsmarkt.

Die Klägerin, eine ukrainische Staats­an­ge­hörige, reiste nach Durchführung eines Aufnah­me­ver­fahrens für jüdische Emigranten im Jahre 1999 in das Bundesgebiet ein und erhielt von der Stadt Weiden i. d. Oberpfalz eine unbefristete Aufent­halt­s­er­laubnis. 2005 wurde sie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Heroin zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. In der Folge wurde sie von der Auslän­der­behörde der Stadt Nürnberg aus der Bundesrepublik ausgewiesen und zugleich ihre Abschiebung unmittelbar aus der Haft heraus in die Unkraine oder in ein sonstiges aufnah­me­be­reites Land angekündigt. Die gegen die Abschiebung erhobene Klage hatte Erfolg.

Der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof stellte dazu fest, dass grundsätzlich kein jüdischer Emigrant aus der ehemaligen Sowjetunion abgeschoben werden dürfe. Diese Vergünstigung entfalle allerdings dann, wenn der Emigrant aus schwerwiegenden Gründen eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle oder wegen eines besonders schweren Vergehens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Jahren verurteilt wurde und eine konkrete Wieder­ho­lungs­gefahr von ihm ausgehe. Diese konnte das Gericht bei der Klägerin aufgrund der konkreten damaligen Tatumstände ausschließen.

Hinweis

*Das Kontingentflüchtlingsgesetz ermöglicht humanitäre Hilfsaktionen ohne Asylverfahren.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Bayern vom 22.08.2008

der Leitsatz

1. Jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion genießen aufgrund des Beschlusses der Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­ferenz vom 9. Januar 1991 die Rechtsstellung eines Kontin­g­ent­flüchtlings entsprechend § 1 Abs. 1 HumHAG und können sich auch ohne Vorliegen eines Verfol­gungs­schicksals auf den Schutz des Abschie­bungs­verbotes nach Art. 33 GFK/§ 60 Abs. 1 AufenthG berufen.

2. Aus § 102 Abs. 1 Satz 1 und § 103 AufenthG folgt, dass der bisherige besondere auslän­der­rechtliche Status der jüdischen Zuwanderer auch nach Inkrafttreten des AufenthG unangetastet bleiben soll.

3. Art. 33 GFK/§ 60 Abs. 1 und 8 AufenthG sind daher auf jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion sinngemäß mit folgendem Inhalt anzuwenden:

a) Kein jüdischer Emigrant aus der ehemaligen Sowjetunion wird abgeschoben.

b) Auf die Vergünstigungen dieser Vorschriften kann sich ein jüdischer Emigrant aus der ehemaligen Sowjetunion nicht berufen, der aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 3 Jahren verurteilt wurde und eine konkrete Wieder­ho­lungs­gefahr von ihm ausgeht. Das Gleiche gilt, wenn der jüdische Emigrant die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylver­fah­rens­ge­setzes erfüllt Gericht:

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