14.11.2024
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Dokument-Nr. 11810

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss03.05.2011

Bayerischer VGH: Fahrbe­rech­tigung trotz eines total­ge­fälschten philippinischen FührerscheinsFahren ohne Fahrerlaubnis im Bundesgebiet wegen einer Gesetzeslücke legal

Wer mit einem total­ge­fälschten philippinischen Führerschein erwischt wird, ist dennoch aufgrund einer Gesetzeslücke vorerst fahrberechtigt. Dies hat der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof nun entschieden.

Im vorliegenden Fall hat eine Bürgerin aus Niederbayern im Sommer 2008 über einen Vermittler einen total­ge­fälschten "Führerschein" gekauft, obwohl sie nie eine theoretische oder praktische Fahrprüfung abgelegt hat. Auch auf den Philippinen ist sie nie gewesen.

Mit Scheinwohnsitz Umschreibung des Führerscheins beantragt

Nur zwei Wochen nach dem Kauf ließ sie über den Vermittler unter Angabe eines ungarischen Schein­wohn­sitzes die Umschreibung dieses philippinischen "Führerscheins" in einen ungarischen Führerschein beantragen. Die ungarischen Behörden stellten ihr daraufhin ein ungarisches Führer­schein­do­kument aus.

Führerschein nach Ermittlungen beschlagnahmt

Der Führerschein wurde im Januar 2010 von der Polizei beschlagnahmt, nachdem der Sachverhalt im Zuge von polizeilicher Ermittlungen gegen den Führer­schein­ver­mittler bekannt geworden ist. Das Landratsamt Passau stellte in einem für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom September 2010 fest, dass die Frau mit dem ungarischen Führerschein keine Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet führen dürfe.

Antragstellerin begehrt weiteren Gebrauch des Führerscheins

Gegen dieses Verbot erbat sie vom Verwal­tungs­gericht Regensburg einstweiligen Rechtsschutz. Ihr Begehren, bis zur Entscheidung in der Hauptsache von dem ungarischen Führerschein Gebrauch machen zu dürfen, blieb dort erfolglos. Dagegen hatte sie mit ihrer Beschwerde beim Bayerischen Verwal­tungs­ge­richtshof Erfolg.

Gesetzgeber versäumen Gebrauch von EU-rechtlichen Ermäch­ti­gungsnorm

Der Verwal­tungs­ge­richtshof geht im verwal­tungs­ge­richt­lichen Eilverfahren davon aus, dass mit der Ausstellung des ungarischen Führerscheins (also des Dokuments) auch eine ungarische Fahrerlaubnis (also das Recht zum Führen eines Fahrzeugs) erteilt worden ist. Der ungarische Führerschein soll also nicht nur die philippinische Fahrerlaubnis nachweisen, sondern ein eigenes ungarisches Recht vermitteln. Diese ungarische Fahrerlaubnis müsse anerkannt werden, solange sie nicht von Ungarn zurückgenommen worden sei. Der deutsche Gesetzgeber habe nämlich versäumt, von einer EU-rechtlichen Ermäch­ti­gungsnorm Gebrauch zu machen. Nach einer Vorschrift aus der "EU-Führerschein-Richtlinie" hätte festgelegt werden können, dass ein von einem anderen EU-Mitgliedsstaat umgetauschter Führerschein eines Drittlandes in Deutschland nicht anerkannt wird. Eine solche Vorschrift gebe es aber in Deutschland noch nicht.

Landes­an­walt­schaft hofft auf weitere Ausein­an­der­setzung mit dieser Frage

Die Entscheidung des Gerichts sieht die Landes­an­walt­schaft als problematisch an. Diese ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht anfechtbar.

Die Hauptsache ist beim Verwal­tungs­gericht Regensburg anhängig. Im weiteren Verfahren erhofft sich die Landes­an­walt­schaft eine nochmalige intensive Ausein­an­der­setzung mit der Frage, ob der totalgefälschte philippinische Führerschein überhaupt Grundlage von rechtlichen Anschluss­be­trach­tungen sein kann. Im Ergebnis darf nun - bis auf Weiteres - jemand ein Kraftfahrzeug führen, der dafür niemals eine Prüfung abgelegt hat.

Quelle: Landesanwaltschaft Bayern/ra-online

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