18.10.2024
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Dokument-Nr. 28747

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss09.03.2020

Flugblatt mit Begriff "Volksverräter" kann als sachbezogene Kritik im Kommu­nal­wahlkampf zulässig seinBei Sachbezogenheit kein Vorliegen einer Schmähkritik

Der auf einem Flugblatt verwendete Begriff "Volksverräter" kann als sachbezogene Kritik im Kommu­nal­wahlkampf zulässig sein. Bei einer Sachbezogenheit liegt keine unzulässige Schmähkritik vor. Dies hat der Bayerische Ver­waltungs­gerichts­hof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen des Kommu­nal­wahlkamps in Bayern im Frühjahr 2020 wurde in München ein Flugblatt mit dem Titel "Raus aus dem Rathaus" verwendet. Das Flugblatt bildete eine Karikatur ab, die das Münchner Kindl zeigte, das mit Hilfe eines Besens verschiedene Mitglieder des Stadtrates vom Marienplatz kehrte. Auf der Rückseite war die Aussage "Deshalb: Volksverräter raus aus dem Rathaus!" abgedruckt. Zudem wurden verschiedene politische Themenfelder genannt und kritisiert. Die zuständige Behörde untersagte mit sofortiger Wirkung die Verbreitung des Flugblatts, da es den Begriff "Volksverräter" als unzulässige Schmähkritik und damit als Beleidigung ansah. Dagegen richtete sich der Eilantrag des Herausgebers des Flugblatts.

Verwal­tungs­gericht gab Eilantrag statt

Das Verwal­tungs­gericht München gab dem Eilantrag statt. Eine Schmähkritik liege nicht vor. Die Äußerung sei im Rahmen des politischen Meinungskampfs als überspitzte und polemische Kritik zulässig. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde der Behörde.

Verwal­tungs­ge­richtshof bejaht ebenfalls Zulässigkeit des Begriffs "Volksverräter"

Der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts und wies daher die Beschwerde der Behörde zurück. Die Verwendung des Begriffs "Volksverräter" sei mit Blick auf den konkreten Anlass und Kontext der Äußerung nicht als Schmähkritik einzustufen. Die Äußerung habe einen Sachbezug gehabt. Es sei zudem zu beachten, dass es bei der Flugblatt­werbung für Wahlen auch heute noch um ein Wahlkampfmittel von erheblicher Bedeutung handelt, dessen Nutzung durch das Recht auf freie Meinung­s­äu­ßerung im Wahlkampf geschützt sei. Die Aussage sei daher von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Begriff "Volksverräter" als sachbezogene Kritik

Zwar sei nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richtshofs nicht außer Acht zu lassen, dass der Begriff "Volksverräter" angesichts seiner historischen Belastung eine besondere Herabsetzung des betroffenen Personenkreises beinhalten könne. Jedoch werde der Begriff in der öffentlichen Diskussion auch heute noch gebraucht, um Kritik an der vermeintlichen fehlenden Responsivität der politisch Verant­wort­lichen gegenüber den Einstellungen der Mehrheit des Volkes zu üben.

Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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