18.10.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil20.08.2008

Bundes­ver­wal­tungs­gericht: Nichtanrechnung von Verlust­vor­trägen bei Bemessung der Kirchensteuer rechtmäßig

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Nichtanrechnung eines Verlust­vor­trages bei der Anwendung des Halbein­künf­te­ver­fahrens für die Berechnung der Kirchensteuer in Hessen für vereinbar mit Bundesrecht erklärt.

Die Klägerin war Mitglied der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Sie erzielte im hier maßgeblichen Veran­la­gungs­zeitraum 2003 einen Veräu­ße­rungs­gewinn aus Aktien­ge­schäften. Nach dem Halbein­künf­te­ver­fahren wurde nur die Hälfte des Gewinns der Einkom­mens­steu­er­be­rechnung zugrunde gelegt. Aus früheren Jahren bestand noch ein Verlustvortrag aus Veräu­ße­rungs­ver­lusten, der den Gewinn deutlich überstieg. Deshalb ergab sich - unter Berück­sich­tigung von Beiträgen und sonstigen Abzügen - keine Einkom­mens­steu­er­pflicht. Bei der Berechnung der Kirchensteuer wurde dagegen nach § 2 Abs. 2 des hessischen Kirchen­steu­er­ge­setzes i.V.m. § 51 a Abs. 2 Satz 2 des Einkom­mens­steu­er­ge­setzes (EStG) der nicht versteuerte Gewinnanteil wieder hinzugerechnet, der Verlustvortrag insoweit jedoch außer Betracht gelassen. Die Klägerin wurde entsprechend dem so fiktiv berechneten Einkommen zu einer Kirchensteuer von mehr als 4 000 € herangezogen. Ihre Klage dagegen blieb vor dem Verwal­tungs­gericht ebenso erfolglos wie die Sprungrevision beim Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht sah keinen Verstoß gegen Bundesrecht. Das angegriffene Urteil verstoße nicht gegen den sich aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Grundsatz der Besteu­e­rungs­gleichheit. Dieser Grundsatz hindere den Gesetzgeber nicht, die Regelungen der Kirchensteuer und der Einkom­mens­steuer unterschiedlich zu gestalten. Weder das Gebot der steuerlichen Verschonung des Existenz­mi­nimums noch das Gebot des Abzugs mit der Einkunft­s­er­zielung unmittelbar zusam­men­hän­gender Aufwendungen zwinge dazu, dem Steuer­pflichtigen die Nutzung von Verlust­vor­trägen aus früheren Steuerjahren bei der Bemessung der Kirchensteuer auf Veräu­ße­rungs­gewinne zu ermöglichen. Der Ausschluss der Verrechnung eines Verlustvortrags für diejenige Hälfte der dem Halbein­künf­te­ver­fahren unterliegenden Einkünfte aus privaten Veräu­ße­rungs­ge­schäften und Kapitalvermögen, die nicht der Einkom­mens­steuer unterliegt, aber als Bemes­sungs­grundlage für die Kirchensteuer dient, verletze auch nicht das Prinzip der Folge­rich­tigkeit. § 51 a Abs. 2 Satz 2 EStG habe das Ziel gehabt, die durch das Halbein­künf­te­ver­fahren entstehenden Kirchen­steu­er­verluste durch ein möglichst einfaches Verfahren auszugleichen und insbesondere die Notwendigkeit einer gesonderten „Schat­ten­ver­an­lagung“ für diese Steuer zu vermeiden. Dies sei ein ausreichender sachlicher Grund für die teilweise Nicht­be­rück­sich­tigung des Verlustvortrags auch bei der Kirchensteuer. Angesichts der Komplexität des Steuerrechts seien auch nur mäßige Verein­fa­chungs­effekte nicht sachwidrig. Der Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 GG sei nicht berührt, weil die Möglichkeit, Verluste auch nach ihrem Entstehungsjahr steuerlich ausgleichen zu können, keine grundgesetzlich geschützte Vermö­gen­s­po­sition darstelle.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 53/08 des BVerwG vom 20.08.2008

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