14.11.2024
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Dokument-Nr. 21357

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Urteil22.07.2015BundesverwaltungsgerichtBVerwG 8 C 7.14, BVerwG 8 C 8.14
Vorinstanzen zu BVerwG 7 C 8.14:
  • Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, Urteil14.03.2013, 5 K 2071/12.F
  • Verwaltungsgerichtshof Kassel, Urteil09.01.2014, 6 A 1999/13
Vorinstanzen zu BVerwG 8 C 8.14:
  • Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, Urteil15.11.2012, 1 K 1540/12.F
  • Verwaltungsgerichtshof Kassel, Urteil09.01.2014, 6 A 71/13
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil22.07.2015

Begrenzung der EEG-Umlage für selbständige Unter­neh­mensteile nur bei MarktauftrittIn Wertschöp­fungskette des Unternehmens integrierter Unter­neh­mensteil ist nicht als "selbständig" einzustufen

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat in zwei Revisi­ons­ver­fahren die Voraussetzungen präzisiert, unter denen Unternehmen des produzierenden Gewerbes die besondere Ausgleichs­re­gelung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für strom­kosten­intensive selbständige Unter­neh­mensteile (§ 41 Abs. 5 EEG 2009) zur Begrenzung der von ihnen zu zahlenden EEG-Umlage in Anspruch nehmen können.

Im Verfahren BVerwG 8 C 8.14 macht die Klägerin, ein Unternehmen der Montanindustrie, für das Jahr 2011 die Begrenzung der EEG-Umlage für ihren stromintensiven Unter­neh­mensteil „Walzbereich Grobblech (Blech­ta­fel­her­stellung)“ geltend. Die in diesem Unter­neh­mens­bereich hergestellten Produkte (Grobbleche) wurden im maßgeblichen Geschäftsjahr zu 100 % in anderen Unter­neh­mens­be­reichen der Klägerin weiter bearbeitet, ehe sie am Ende der Wertschöp­fungskette am Markt verkauft wurden.

Im Verfahren BVerwG 8 C 7.14 beansprucht die Klägerin für das Jahr 2012 eine Begrenzung der EEG-Umlage für den ihrer Ansicht nach stromintensiven Unter­neh­mensteil „Kunststoff - ohne Werkzeugbau“. In diesem Unter­neh­mens­bereich wurden im maßgeblichen Geschäftsjahr Kunst­stoff­ver­pa­ckungen hergestellt. In der ebenfalls auf dem Werksgelände befindlichen Unter­neh­men­s­ab­teilung „Werkzeugbau“ wurden u.a. die für die Herstellung der Kunst­stoff­ver­pa­ckungen speziell erforderlichen Werkzeuge gefertigt. Die Stromversorgung beider Bereiche erfolgte über eine gemeinsame Abnahmestelle. Zum Nachweis der im Unter­neh­mens­bereich „Kunststoff - ohne Werkzeugbau“ verbrauchten Strommenge hat die Klägerin eine Wirtschafts­prü­fer­be­schei­nigung vorgelegt, derzufolge die an den Bereich „Werkzeugbau“ weitergegebene Strommenge im Wege einer Hochrechnung geschätzt worden ist.

In Rede stehende Unter­neh­mens­bereich stellen keinen selbständigen Unter­neh­mensteil dar

Die Beklagte hatte durch ihr Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr­kon­trolle (BAFA) in beiden Verfahren die Anträge der Klägerinnen mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei dem jeweils in Rede stehenden Unter­neh­mens­bereich nicht um einen selbständigen Unter­neh­mensteil i.S.v. § 41 Abs. 5 EEG 2009. Die dagegen gerichteten Klagen hatten in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg.

Im Unter­neh­mens­bereich hergestellte Produkte müssen für Begrenzung der EEG-Umlage am Markt platziert werden

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revisionen der Klägerinnen zurückgewiesen. Es hat entschieden, dass ein selbständiger Unter­neh­mensteil, für den nach § 41 Abs. 5 i.V.m. § 41 Abs. 1 bis 4 EEG 2009 unter bestimmten Voraussetzungen eine Begrenzung der EEG-Umlage verlangt werden kann, nur dann vorliegt, wenn in diesem Unter­neh­mens­bereich hergestellte Produkte am Markt platziert werden. Das ergibt sich insbesondere aus dem Zweck der Begrenzung der EEG-Umlage, die internationale Wettbe­wer­bs­fä­higkeit stromintensiver Unternehmen des produzierenden Gewerbes zu erhalten, soweit hierdurch die Ziele des Gesetzes nicht gefährdet werden und die Begrenzung mit den Interessen der Gesamtheit der Strom­ver­braucher vereinbar ist. Ein vergleichbarer (internationaler) Wettbe­wer­bsdruck und damit ein Bedürfnis für eine Begrenzung der EEG-Umlage bestehen nicht hinsichtlich eines Unter­neh­mensteils, der ganz oder zu einem wesentlichen Teil im eigenen Unternehmen weiter zu verarbeitende Vorprodukte erzeugt. Ein auf diese Weise in die Wertschöp­fungskette des Unternehmens integrierter Unter­neh­mensteil ist nicht selbständig i.S.d. § 41 Abs. 5 EEG 2009. An der vom Gesetz verlangten Selbständigkeit des Unter­neh­mensteils fehlt es auch dann, wenn für diesen Unter­neh­mens­bereich keine Leitung vorhanden ist, die über eine vom Unternehmen abgrenzbare eigenständige Kompetenz zu unter­neh­me­rischen und planerischen Entscheidungen verfügt.

Urteile der Vorinstanzen im Ergebnis richtig

In den von den Klägerinnen angegriffenen Urteilen des Berufungs­ge­richts sind diese gesetzlichen Anforderungen teilweise verkannt worden. Beide Urteile stellen sich jedoch im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar. Im Verfahren BVerwG 8 C 7.14 fehlt es für den Unter­neh­mensteil „Kunststoff - ohne Werkzeugbau“ jedenfalls an einem zum maßgeblichen Stichtag vorgelegten und ohne weitere behördliche Ermittlungen überprüfbaren Nachweis der selbst verbrauchten Strommenge. Für den Nachweis bedarf es einer gesicherten Tatsa­chen­grundlage. Eine Schätzung ohne Angabe der Ausgangsdaten und der Methodik reicht dazu nicht aus. Im Verfahren BVerwG 8 C 8.14 ist der Unter­neh­mens­bereich „Walzbereich Grobblech (Blech­ta­fel­her­stellung)“ bereits deshalb kein selbständiger Unter­neh­mensteil, weil die hier hergestellten Grobbleche nicht am Markt platziert, sondern ausschließlich in der Wertschöp­fungskette des Unternehmens weiter bearbeitet wurden.

Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien

Erläuterungen

Erneuerbare-Energien-Gesetz [Fassung vom 25.10.2008 – gültig vom 1.1.2009 bis 31.12.2011]

§ 40 Grundsatz

(1) Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr­kon­trolle begrenzt auf Antrag für eine Abnahmestelle den Anteil der Strommenge nach § 37, der von Elektri­zi­täts­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen an Letzt­ver­braucher, die stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes mit hohem Stromverbrauch oder Schienenbahnen sind, weitergegeben wird.

Die Begrenzung erfolgt, um die Stromkosten dieser Unternehmen zu senken und so ihre internationale und intermodale Wettbe­wer­bs­fä­higkeit zu erhalten, soweit hierdurch die Ziele des Gesetzes nicht gefährdet werden und die Begrenzung mit den Interessen der Gesamtheit der Strom­ver­braucher vereinbar ist.

(2) [...]

§ 41 Unternehmen des produzierenden Gewerbes

(1) Bei einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes erfolgt die Begrenzung nur, soweit es nachweist, dass und inwieweit im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr

1. der von einem Elektri­zi­täts­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen nach § 37 Abs. 1 bezogene und selbst verbrauchte Strom an einer Abnahmestelle 10 Gigawattstunden überstiegen hat,

2. das Verhältnis der Stromkosten zur Brutto­w­ert­schöpfung des Unternehmens nach der Definition des Statistischen Bundesamtes, Fachserie 4, Reihe 4.3, Wiesbaden 2007*) , 15 Prozent überschritten hat,

3. die Strommenge nach § 37 anteilig an das Unternehmen weitergereicht und von diesem selbst verbraucht worden ist und

4. eine Zertifizierung erfolgt ist, mit der der Energie­ver­brauch und die Potenziale zur Verminderung des Energie­ver­brauchs erhoben und bewertet worden sind.

(2) Die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 sind durch die Strom­lie­fe­rungs­verträge und die Stromrechnungen für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr sowie der Bescheinigung einer Wirtschafts­prüferin, eines Wirtschafts­prüfers, einer vereidigten Buchprüferin oder eines vereidigten Buchprüfers auf Grundlage des Jahres­ab­schlusses für das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr nachzuweisen.

Die Voraussetzung nach Absatz 1 Nr. 4 ist durch die Bescheinigung der Zerti­fi­zie­rungs­stelle nachzuweisen.

(2a) Unternehmen, die nach dem 30. Juni des Vorjahres neu gegründet wurden, können abweichend von Absatz 1 Daten über ein Rumpf­ge­schäftsjahr vorlegen.

Absatz 2 gilt entsprechend.

Neu gegründete Unternehmen sind nur solche, die nicht durch Umwandlung entstanden sind.

Als Zeitpunkt der Neugründung gilt der Zeitpunkt, an dem erstmalig Strom zu Produktions- oder Fahrbe­trie­bs­zwecken abgenommen wird.

(3) Für Unternehmen, deren Strombezug im Sinne von Absatz 1 Nr. 1 unter 100 Gigawattstunden oder deren Verhältnis der Stromkosten zur Brutto­w­ert­schöpfung unter 20 Prozent lag, erfolgt die Begrenzung nach § 40 nur hinsichtlich des gesamten über 10 Prozent des im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr an der betreffenden Abnahmestelle bezogenen und selbst verbrauchten Stroms hinaus; der Nachweis ist in entsprechender Anwendung des Absatzes 2 zu führen.

Wird das Unternehmen im Begüns­ti­gungs­zeitraum von mehreren Elektri­zi­täts­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen beliefert, gilt die Begrenzung nach § 40 Abs. 2 für jedes dieser Elektri­zi­täts­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen anteilig gemäß dem Umfang, in dem sie diesen Letzt­ver­braucher an dieser Abnahmestelle beliefern; das Unternehmen hat den Elektri­zi­täts­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen die für die Anteils­be­rechnung erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.

(4) Abnahmestelle sind alle räumlich zusam­men­hän­genden elektrischen Einrichtungen des Unternehmens auf einem Betriebsgelände, das über einen oder mehrere Entnahmepunkte mit dem Netz des Netzbetreibers verbunden ist.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten für selbständige Teile des Unternehmens entsprechend.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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