21.11.2024
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Dokument-Nr. 10474

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Urteil27.10.2010BundesverwaltungsgerichtBVerwG 8 C 43.09
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Aachen, Urteil28.06.2007, 4 K 142/06
  • Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil22.06.2009, 15 A 2324/07
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil27.10.2010

BVerwG zu den Grenzen des Hebesatzrechts einer Gemeinde bei anhaltender Haushalts­notlageRegelung in Gemeindeordnung mit Pflicht zur Aufstellung eines ausgeglichenen Haushalts und Herbeiführung eines schnellst­mög­lichen Haushalts­aus­gleichs nicht zu beanstanden

Das Selbst­ver­wal­tungsrecht der Gemeinden schließt eine Beanstandung der Senkung der Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer nicht aus, wenn die betreffende Gemeinde sich in einer anhaltenden Haushalts­notlage befindet und das von ihr vorgelegte Haushalts­si­che­rungs­konzept nicht erkennen lässt, wie der Einnahmeverlust ausgeglichen werden soll. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls, eine kreisangehörige Gemeinde in Nordrhein-Westfalen, verfügt seit 1999 weder über einen ausgeglichenen Haushalt noch über ein genehmigtes oder geneh­mi­gungs­fähiges Haushalts­si­che­rungs­konzept. Bereits im Jahre 2003 hatte die staatliche Kommu­na­l­aufsicht ihr gegenüber im Wege der Ersatzvornahme den Hebesatz für die Grundsteuer B auf 391 v.H. und für die Gewerbesteuer auf 413 v.H. des Steuer­mess­be­trages festgesetzt. Für das Haushaltsjahr 2005 senkte die Klägerin den Hebesatz für die Grundsteuer B auf 350 v.H. und für die Gewerbesteuer auf 400 v.H. des Steuer­mess­be­trages und erklärte, sie wolle damit die Abgaben­be­lastung ihrer Bürger reduzieren und Inves­ti­ti­o­ns­anreize schaffen. Trotz Beanstandung durch den Bürgermeister hielt der Rat der Gemeinde an diesem Beschluss fest. Daraufhin hob der beklagte Landrat als Kommu­na­l­auf­sichts­behörde den Ratsbeschluss auf. Zur Begründung führte er aus, der Beschluss verletze die gesetzliche Pflicht der Gemeinden, den Haushalt möglichst bald auszugleichen. Der hiergegen gerichteten Klage hat das Verwal­tungs­gericht stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberver­wal­tungs­gericht das erstin­sta­nzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin ist erfolglos geblieben.

Eigen­ver­ant­wortliche Festsetzung der Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer nur im Rahmen der Gesetze gewährleistet

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat zur Begründung seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass das Grundgesetz den Gemeinden das Recht, ihre Angelegenheiten eigen­ver­ant­wortlich zu regeln und die Hebesätze für die Grund- und die Gewerbesteuer festzusetzen, nur im Rahmen der Gesetze gewährleistet. Deshalb wird dieses Recht durch die in der Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen geregelte Pflicht beschränkt, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und ggf. den Haushalts­aus­gleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder herbeizuführen. Die Annahme des Oberver­wal­tungs­ge­richts, dies schränke das Recht der Gemeinden zur Senkung der Hebesätze in Fällen einer schweren Haushalts­notlage von unabsehbarer Dauer ein, ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden. In einer solchen Situation darf die Gemeinde die Hebesätze nicht auf ein im kreis- und landesinternen Vergleich besonders niedriges Niveau festsetzen, wenn ein Ausgleich des Einnah­me­n­ausfalls weder konkret in der Haushalts­planung vorgesehen noch absehbar ist. Dies schränkt die gemeindliche Finanzhoheit und das daraus fließende Hebesatzrecht nicht unver­hält­nismäßig ein und wahrt den Kernbereich des Selbst­ver­wal­tungs­rechts. Es belässt der Gemeinde die Entscheidung, wie der Haushalts­aus­gleich angestrebt werden soll, und verbietet nur, in Fällen einer anhaltenden Haushalts­notlage diesem Ziel zuwiderlaufende Maßnahmen zu treffen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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