21.11.2024
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Dokument-Nr. 5884

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Bundesverwaltungsgericht Urteil10.04.2008

Bundes­ver­wal­tungs­gericht: Anwohner können sich gegen Atomzwi­schenlager wehrenGenehmigung von Brunsbüttel muss durch Vorinstanz erneut geprüft werden

Der Nachbar eines Stand­ort­zwi­schen­lagers kann vor Gericht die dafür erteilte atomrechtliche Genehmigung mit der Begründung abwehren, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter nicht gewährleistet ist. Ob und in welchem Umfang ein solcher Schutz geboten ist, hat die Geneh­mi­gungs­behörde in eigener Verantwortung zu beurteilen. Ihre Entscheidung ist von den Gerichten dahin zu überprüfen, ob die behördliche Risikoer­mittlung und Risikobewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht und dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Das hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig für das Stand­ort­zwi­schenlager Brunsbüttel entschieden.

Das zur Überprüfung der Genehmigung für das Zwischenlager Brunsbüttel zuständige Oberver­wal­tungs­gericht hatte den vom Kläger geforderten Drittschutz mit der Begründung verneint, die Vorschrift über den Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter diene ausschließlich dem Interesse der Allgemeinheit.

Vorinstanz: Schutz­vor­schriften schützen nur Allgemeinheit - kein Schutz individueller Rechtsgüter

Soweit das Gesetz den Betreiber zur Gewährleistung des erforderlichen Schutzes gegen Risiken infolge eines gezielten Flugzeu­g­ab­sturzes auf das Zwischenlager oder eines Beschusses der Castorbehälter mit panze­r­bre­chenden Waffen verpflichte, diene das nicht dem Schutz individueller Rechtsgüter. Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht ist der Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts entge­gen­ge­treten:

Bundes­ver­wal­tungs­gericht: Auch individuelle Rechtsgüter sollen durch Atomgesetz geschützt werden

Der Schutz gegen terroristische Anschläge auf ein Stand­ort­zwi­schenlager unterfällt dem Anwen­dungs­bereich des Atomgesetzes. Die Vorsorge gegen solche Risiken dient auch dem Schutz individueller Rechtsgüter der in der Nähe des Zwischenlagers wohnenden Nachbarn. Die staatliche Terror­be­kämpfung entbindet den Anlagen­be­treiber nicht von der Pflicht zu Maßnahmen zum Schutz der Anlage und ihres Betriebs, die in seinen Verant­wor­tungs­bereich fallen. Ein Schutzanspruch Drittbetroffener auf Vorsorge gegen terroristische Anschläge besteht allerdings nicht, wenn die Geneh­mi­gungs­behörde diese Risiken willkürfrei dem Bereich des Restrisikos zuordnen durfte. Das Oberver­wal­tungs­gericht hatte keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob die Behörde davon ausgehen durfte, dass der erforderliche Schutz gegen die Risiken für Leben und Gesundheit des Klägers infolge eines gezielten Flugzeu­g­ab­sturzes auf das Zwischenlager und durch einen Beschuss der Castorbehälter mit panze­r­bre­chenden Waffen nach dem integrierten Sicherungs- und Schutzkonzept gewährleistet ist, oder ob sie die Risiken als "praktisch ausgeschlossen" dem Bereich des hinzunehmenden Restrisikos zuordnen durfte. Deshalb musste das Bundes­ver­wal­tungs­gericht die Sache zur weiteren Aufklärung an die Vorinstanz zurückverweisen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 23/08 des BVerwG vom 10.04.2008

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