18.10.2024
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Sie sehen das RBB-Sendezentrum, einen dreiteiligen Gebäudekomplex des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) in Berlin.

Dokument-Nr. 1619

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Bundesverwaltungsgericht Urteil09.12.1998

BVerwG: Fernsehgebühren einschließlich "Aufsichts­groschen" rechtmäßig

Die Gebüh­ren­fi­nan­zierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist nicht zu beanstanden, auch nicht deswegen, weil ein Anteil von 2 % der Finanzierung der Landes­me­di­e­n­an­stalten dient. Das hat der 6. Senat des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts entschieden.

Der Kläger wandte sich gegen die Erhebung von Rundfunk- und Fernsehgebühren allein für das Bereithalten eines Fernsehers. Es gebe genug private Vollprogramme. Er wolle deshalb ausschließlich die Programme von Privatsendern nutzen und nicht auch noch die öffentlich-rechtlichen Rundfunk­an­stalten mitbezahlen. Diese könnten ohne weiteres ihre Programme codiert verbreiten und dann ihre Gebühren allein von den Empfängern mit entsprechenden Decodern verlangen. Außerdem sehe er nicht ein, daß er auch noch die Landes­me­di­e­n­an­stalten mitfinanziere. Diese übten Aufsichts­funk­tionen aus, die entweder aus Steuermitteln oder aber durch Gebühren finanziert werden müßten, die von den beaufsichtigten Rundfunk- und Fernseh­ver­an­staltern zu erheben wären.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat diese Angriffe zurückgewiesen. Die Rundfunk- und Fernsehordnung wie auch die Gebüh­ren­fi­nan­zierung sind in Staaats­ver­trägen geregelt, die zwischen Bundesländern abgeschlossen worden sind und Geset­ze­s­cha­rakter haben. Den Ländern als Gesetzgeber steht hinsichtlich der Ausgestaltung des dualen Rundfunksystems mit öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern wie auch hinsichtlich der Finanzierung nicht nur ein Gestal­tungs­spielraum zu, sondern auch ein Einschät­zungs­vorrecht. Dieses betrifft einmal die Frage, ob das gesamte Rundfunk- und Fernsehsystem ohne eine Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunk­an­stalten hinsichtlich der erforderlichen Meinungs- und Programm­vielfalt an nicht hinnehmbaren Defiziten leiden würde. Dies betrifft aber auch die Frage, ob eine andere Form der Finanzierung einen negativen Einfluß auf die Erfüllung dieser Anforderungen haben würde. Die Grenzen dieses Einschät­zungs­vor­rechts werden erst überschritten, wenn sich die Ausgangslage offenkundig und nachhaltig in dem Sinne verändern sollte, daß Programm­vielfalt auch so problemlos gewährleistet wäre. Davon ist gegenwärtig nicht auszugehen. Dagegen sprechen schon strukturelle Gründe, insbesondere die nahezu ausschließliche Finanzierung privater Rundfunk- und Fernseh­ver­an­stalter durch Werbeeinnahmen und die deshalb zwangsläufig gegebene Abhängigkeit des Programm­an­gebots von den Einschaltquoten. Daher ist in der gegenwärtig im öffentlichen Interesse beizu­be­hal­tenden dualen Rundfunkordnung die Gebüh­ren­fi­nan­zierung durch alle Teilnehmer an dem System des sich gegenseitig ergänzenden öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunks weiterhin eine dem Auftrag des öffentlichen Rundfunks angemessene Finan­zie­rungsform. Für sie durften sich die Landes­ge­setzgeber entscheiden. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen auf das Pay-TV zu verdrängen, widerspräche hingegen dem Grund­ver­sor­gungs­auftrag. Denn dieser schließt es ein, daß dieser Teil des Programm­an­gebots die Gesamtheit der Bevölkerung erreichen kann.

Für die Finanzierung der Landes­me­di­e­n­an­stalten gilt nichts grundsätzlich anderes. Auch diese Anstalten sind wie der Rundfunk staatsfern organisiert. Ihre Organe sind pluralistisch zusammengesetzt und nicht weisungs­ge­bunden. Es handelt sich damit nicht um Staats­ver­waltung. Diese Anstalten dienen ebenfalls der Meinungs- und Programm­vielfalt im Gesamtsystem des öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunks, unter anderem auch durch Vorsorge gegen Medien­kon­zen­tration. Ihre Tätigkeit kommt damit letztlich allen Rundfunk- und Fernseh­teil­nehmern zugute. Bei dieser Sachlage durften die Landes­ge­setzgeber der allgemeinen Gebüh­ren­fi­nan­zierung gegenüber anderen Finan­zie­rungs­formen, die mögliche Abhängigkeiten von den Geldgebern begründet hätten, im Rahmen ihrer Gestal­tungs­freiheit den Vorzug geben.

Quelle: ra-online, BVerwG

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