Bundesverwaltungsgericht Urteil23.01.2008
Strategische Telefonüberwachung durch BND nach "9/11" war rechtmäßig
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die sog. strategische Überwachung der Telekommunikation durch den Bundesnachrichtendienst aufgrund des Gesetzes zu Art. 10 GG nach den Anschlägen vom 11. September 2001 für rechtmäßig erklärt. Strategische Kontrolle bedeutet, dass nicht die Telefonverbindungen einzelner Personen, sondern eine Vielzahl von Telefonverbindungen nach Maßgabe bestimmter Suchbegriffe insgesamt erfasst und in ausgesuchten Fällen ausgewertet werden.
Der Kläger ist wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, die er gegenwärtig in Deutschland verbüßt. Der Bundesnachrichtendienst teilte ihm Ende 2006 mit, dass er "in der Zeit vom 18. Oktober bis 5. November 2001 …. zur rechtzeitigen Erkennung und Begegnung der Gefahr der Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland insgesamt fünf Telekommunikationen erfasst (habe), die von Telekommunikationsanschlüssen ausgingen, die auf (den Kläger) angemeldet waren". Mit seiner daraufhin beim Bundesverwaltungsgericht eingereichten Klage wandte sich der Kläger gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung der strategischen Kontrolle und die nach seiner Ansicht verspätete Mitteilung darüber.
Das in erster und letzter Instanz für Rechtsstreitigkeiten aus dem Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes zuständige Bundesverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Überwachungsmaßnahme diente der Sammlung von Informationen über Sachverhalte, deren Kenntnis notwendig gewesen ist, um die von der Terrorgruppe al- Qaida ausgehende Gefahr der Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland rechtzeitig zu erkennen und ihnen zu begegnen. Dieser Bezug war jedenfalls mit dem befürchteten Aufenthalt von sog. "Schläfern" in der Bundesrepublik gegeben. Der Bundesnachrichtendienst hat während der anschließenden fünf Jahre in Übereinstimmung mit der G 10-Kommission des Deutschen Bundestages von einer Mitteilung der unternommenen Maßnahmen ohne Rechtsverstoß abgesehen, weil eine Gefährdung ihres Zwecks noch nicht ausgeschlossen werden konnte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.01.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 02/08 des BVerwG vom 24.01.2008