21.11.2024
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Dokument-Nr. 24020

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Urteil22.03.2017BundesverwaltungsgerichtBVerwG 5 C 4.16 und BVerwG 5 C 5.16
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2018, 568Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 568
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Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Berlin, Urteil26.06.2012, 28 K 93.11 und 28 K 106.11
  • Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil26.11.2015, 7 B 4.15 und 7 B 5.15
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Bundesverwaltungsgericht Urteil22.03.2017

Durch Bestechung und arglistige Täuschung veranlasster Beihilfezahlung dürfen rückabgewickelt werdenBeamter muss sich von der Ehefrau vorgenommene Bestechungs- und Täuschungs­handlungen zurechnen lassen

Hat ein beihilfe­berechtigter Beamter seine Ehefrau ermächtigt, ihn in Beihilfe­angelegenheiten zu vertreten und hat diese ohne Kenntnis des Beamten, aber unter seinem Namen Beschäftigte der Beihilfestelle durch Bestechung oder arglistige Täuschung veranlasst, unrichtige Beihil­fe­be­scheide zu seinen Gunsten zu erlassen, können diese zurückgenommen werden. Auch können die aufgrund dieser Bescheide antragsgemäß auf das Konto der Ehefrau überwiesenen Beihil­fe­leis­tungen von dem Beamten grundsätzlich zurückgefordert werden, obwohl er von diesen Zahlungen keine Kenntnis hatte. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der beihil­fe­be­rechtigte Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand als Beamter im Dienst des beklagten Landes Berlin. Seine Ehefrau wurde unter anderem wegen Bestechung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. In dem Urteil wird u.a. festgestellt, dass sie über Jahre hinweg in zahlreichen Fällen mit dem Namenszug des Klägers unterzeichnete Beihilfeanträge unter Beifügung von gefälschten Zahna­rzt­rech­nungen eingereicht hatte. Diese Anträge wurden von einer Tante des Klägers, die als Sachbe­a­r­beiterin in der Beihilfestelle tätig war, entweder bewilligt oder in den Geschäftsgang gegeben. Die jeweils auf das in den Anträgen angegebene Konto der Ehefrau ausgezahlten Beihil­fe­leis­tungen in Höhe von insgesamt etwa 600.000 Euro hatten die beiden Frauen unter sich aufgeteilt. Ein gegen den Kläger wegen dieser Vorgänge eingeleitetes straf­recht­liches Ermitt­lungs­ver­fahren wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Das Landes­ver­wal­tungsamt Berlin nahm die betreffenden Beihil­fe­be­scheide insoweit zurück, als sie auf gefälschten Rechnungen beruhten. Mit gesondertem Bescheid forderte es die danach zu Unrecht gewährte Beihilfe von dem Kläger zurück.

Klage gegen Rückforderung der Beihil­fe­leis­tungen vor dem Verwal­tungs­gericht überwiegend erfolgreich

Während Klage und Berufung gegen die Rücknahme der Beihil­fe­be­scheide erfolglos geblieben sind, hat der Kläger mit seiner Klage gegen die Rückforderung der Beihil­fe­leis­tungen vor dem Verwal­tungs­gericht Berlin überwiegend Erfolg gehabt. Das Verwal­tungs­gericht hat lediglich auf einen Rückfor­de­rungs­an­spruch von knapp 200.000 Euro erkannt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers wies das Oberver­wal­tungs­gericht zurück.

Rücknahme der Beihil­fe­be­scheide ist rechtmäßig

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die gegen die Rücknahme der Beihil­fe­be­scheide eingelegte Revision des Klägers zurückgewiesen, das den verbleibenden Rückfor­de­rungs­betrag betreffende Urteil des Oberver­wal­tungs­ge­richts hingegen aufgehoben. Die Rücknahme der Beihil­fe­be­scheide ist rechtmäßig. Der Kläger kann sich nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen in deren Bestand berufen. Vertrau­ens­schutz scheidet kraft Gesetzes u.a. aus, wenn der Verwaltungsakt durch Bestechung oder arglistige Täuschung erwirkt wurde. Das ist hinsichtlich der betroffenen Bescheide der Fall. Diese wurden nach den zweifelsfreien Feststellungen in dem gegen die Ehefrau ergangenen Strafurteil überwiegend durch Bestechung einer Bediensteten des Beklagten und im Übrigen - wie das Oberver­wal­tungs­gericht angenommen hat - durch arglistige Täuschung herbeigeführt. Der Kläger muss sich die von seiner Ehefrau vorgenommenen Bestechungs- und Täuschungs­hand­lungen in Anwendung eines Rechtsgedankens des Zivilrechts zurechnen lassen, weil er seine Ehefrau beauftragt hatte, ihn in Beihil­fean­ge­le­gen­heiten zu vertreten.

BVerwG erklärt Rückfor­de­rungs­be­scheid für rechtswidrig

Der Rückfor­de­rungs­be­scheid ist hingegen rechtswidrig. Das beruht nicht schon darauf, dass der Kläger von den auf das Konto seiner Ehefrau überwiesenen Beihil­fe­leis­tungen keine Kenntnis hatte. Die Ehefrau hatte in den Beihil­fean­trägen angegeben, die Leistungen seien ihrem Konto gutzuschreiben. Da sie von dem Kläger umfassend mit seiner Vertretung in Beihil­fean­ge­le­gen­heiten beauftragt war, ist ihm auch diese Erklärung in Anwendung zivil­recht­licher Grundsätze mit der Folge zuzurechnen, dass er als derjenige anzusehen ist, der die Leistungen erhalten hat. Der Bescheid hält aber einer rechtlichen Prüfung deshalb nicht stand, weil die Rückforderung von Gesetzes wegen im Ermessen steht und das Landes­ver­wal­tungsamt wesentliche Gesichtspunkte, die gegen eine Rückforderung - wenn auch nicht zwingend - sprechen könnten, nicht gewürdigt hat. Insbesondere hat es nicht in seine Erwägungen eingestellt, dass der Kläger weder von den Bestechungs- und Täuschungs­hand­lungen noch von den Zahlungen Kenntnis hatte.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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