21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Beschluss14.04.2005

Flughafen Berlin-Schönefeld darf vorläufig nicht weiter ausgebaut werdenEilanträge gegen Flughafen Berlin-Schönefeld weitgehend erfolgreich

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat den Eilanträgen mehrerer Anwohner weitgehend stattgegeben, die sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Planfest­stel­lungs­be­schlusses für den Ausbau des Verkehrs­flug­hafens Berlin-Schönefeld gewandt haben. Damit dürfen die Träger des Vorhabens (Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH, DB Netz AG, DB Station und Service AG) bis zur Entscheidung über die Klagen in der Hauptsache von dem Planfest­stel­lungs­be­schluss keinen Gebrauch machen, also – mit Ausnahme einiger vorbereitender Tätigkeiten – nicht mit Bau- oder sonstigen Maßnahmen beginnen. Über den Erfolg oder Misserfolg der Klagen in der Hauptsache sagt diese Eilentscheidung nichts aus; der zuständige 4. Senat des Gerichts bezeichnet vielmehr den endgültigen Verfah­rens­ausgang ausdrücklich als offen. Maßgebender Grund für die Eilentscheidung ist vielmehr zu verhindern, dass schon jetzt vollendete Tatsachen geschaffen werden können, obwohl der Planfest­stel­lungs­be­schluss noch nicht rechtskräftig ist.

Der gegenwärtige Verfahrensstand ist folgender: Gegen den Planfest­stel­lungs­be­schluss des Ministeriums für Stadt­ent­wicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg für den Ausbau des Verkehrs­flug­hafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 haben knapp 4000 Personen Klage beim Bundes­ver­wal­tungs­gericht erhoben, das hierfür nach der Sonderregelung des sog. Verkehrs­we­ge­pla­nungs­be­schleu­ni­gungs­ge­setzes erst- und letzt­in­sta­nzlich zuständig ist. Diese Klagen haben nach dem Luftver­kehrs­gesetz keine aufschiebende Wirkung, d. h. der von einem solchen Planfest­stel­lungs­be­schluss begünstigte Träger des Vorhabens darf trotz der erhobenen Klagen die Planung umsetzen. Gegen diese sofortige Vollziehbarkeit des Planfest­stel­lungs­be­schlusses hat eine Reihe von Klägern vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel beantragt, durch gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen die Durchführung der geplanten Baumaßnahmen einstweilen zu unterbinden. Mit diesen Anträgen hatten die Antragsteller des heute entschiedenen Eilverfahrens weitgehend Erfolg.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht führt zur Begründung seines Beschlusses im Wesentlichen aus: Im derzeitigen Verfah­rens­stadium lässt sich noch nicht beurteilen, welche Erfolgs­aus­sichten die erhobenen Klagen haben. Erst im Verfahren der Hauptsache kann die Vielzahl der durch die Klagen aufgeworfenen, zum Teil schwierigen tatsächlichen und rechtlichen Fragen verlässlich geklärt werden. Die zu behandelnden Themen betreffen u. a. folgende Fragen: Bedarf für einen "Single-Airport" der geplanten Größenordnung, Wahl des Standorts Schönefeld im Vergleich zu in Betracht kommenden Alter­na­tivstan­dorten, Vorgaben des Raumord­nungs­rechts, Lärmbelastung und Lärmschutz­maß­nahmen, Sicher­heits­probleme, Wasserschutz, Bodenschutz und Naturschutz.

Für die Entscheidung über die Eilanträge kommt es deshalb allein auf eine Bewertung und Abwägung der wider­strei­tenden Interessen der Verfah­rens­be­tei­ligten an (sog. Folgenabwägung). Danach ist das Interesse der Antragsteller, bis zum Abschluss des Haupt­sa­che­ver­fahrens von Vollzugs­maß­nahmen verschont zu bleiben, höher einzuschätzen als das Interesse des Antragsgegners (Ministerium für Stadt­ent­wicklung, Wohnen und Verkehr) und der zum Verfahren beigeladenen Träger des Vorhabens, schon jetzt mit der Verwirklichung der Planung zu beginnen. Das Planvorhaben ist mit baulichen und sonstigen Eingriffen verbunden, die geeignet sind, das Gesicht des davon betroffenen Raumes weit über den vorhandenen Flughafen hinaus nachhaltig zu verändern. Solche, möglicherweise nur schwer rückgängig zu machenden Eingriffe – etwa der als erste Großbaumaßnahme für Januar 2006 vorgesehene Baubeginn für den unterirdischen Flugha­fen­bahnhof – zuzulassen, erscheint dem Gericht nicht vertretbar, wenn noch kein rechtskräftiger Planfest­stel­lungs­be­schluss vorliegt. Demgegenüber muss das Interesse des Antragsgegners und der Träger des Vorhabens, ohne Zeitverzug das Vorhaben in Angriff zu nehmen, zurücktreten. Etwaige Verzögerungen werden sich voraussichtlich in Grenzen halten. Denn das Gericht ist bemüht, über die aus den knapp 4000 Klagen auszuwählenden "Musterklagen" im Verlauf des ersten Halbjahres 2006 zu entscheiden.

Den Interessen des Antragsgegners und der Träger des Vorhabens trägt die Eilentscheidung insofern Rechnung als die Vornahme bestimmter vorbereitender Tätigkeiten von der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen ausgenommen wurde. Es handelt sich um folgende Maßnahmen, die die Träger des Vorhabens nach einem von ihnen zu den Gerichtsakten eingereichten "Rahmen­ter­minplan" im Lauf des Jahres 2005 in Angriff nehmen möchten: "Vorabmaßnahmen" (z. B. Untersuchungen und Maßnahmen zur Sanierung bestimmter Altlas­ten­flächen, Baugrun­d­un­ter­su­chungen), "Beräumung und Baufeld­frei­machung", "Vorflut und Grund­was­ser­haltung" (Ausbau der Vorflut, Maßnahmen der Bauwas­ser­über­leitung, Grund­was­ser­ab­sen­kungen). Diese in dem Rahmen­ter­minplan näher bezeichneten Maßnahmen ziehen keine irreparablen Nachteile für die Rechts­po­si­tionen der Antragsteller nach sich und dürfen von den Trägern des Vorhabens auf eigenes Risiko durchgeführt werden.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 21/05 des BVerwG vom 14.04.2004

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