15.11.2024
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Dokument-Nr. 9279

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Bundesverwaltungsgericht Urteil25.02.2010

Behörden und Gerichte dürfen überprüfen, ob der Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis tatsächlich im Ausland gelebt hatBVerwG zur Überprüfung des Wohnsitzes bei ausländischen EU-Fahrer­laub­nissen

Die deutschen Fahrer­laub­nis­be­hörden können dem Inhaber eines ausländischen EU-Führerscheins das Recht entziehen, von dieser Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, wenn Ermittlungen bei den Behörden des Ausstel­ler­mit­glied­s­taates von dort herrührende unbestreitbare Informationen ergeben, dass der Fahrer­laub­nis­inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung dieses Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Ausstel­ler­mit­gliedstaat hatte. Dies hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschieden.

Den Klägern war in der Bundesrepublik Deutschland wegen Verkehrs­ver­stößen ihre deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden. Das für die Wiedererteilung erforderliche medizinisch-psychologische Gutachten legten sie nicht vor.

Neue Fahrerlaubnis in Polen erworben

Stattdessen erwarben sie eine Fahrerlaubnis in Polen; in den dort ausgestellten Führerscheinen war jeweils ein Wohnsitz in Polen eingetragen. Nachdem die deutschen Fahrer­laub­nis­be­hörden hiervon Kenntnis erhielten, forderten sie die Kläger auf, zur Beseitigung von fortbestehenden Zweifeln an ihrer Fahreignung ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Als die Kläger dieser Aufforderung nicht nachkamen, wurde ihnen die Befugnis aberkannt, von ihrer polnischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen.

Streit um polnischen Wohnsitz

Hiergegen machten die Kläger insbesondere geltend, dass der gemein­schafts­rechtliche Grundsatz, wonach die von einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis anzuerkennen sei, schon der Anforderung des Gutachtens, erst Recht aber der nachfolgenden Aberken­nungs­ent­scheidung entgegenstehe. In den Vorinstanzen blieben ihre Klagen ohne Erfolg. Das Berufungs­gericht hat seine Entscheidungen maßgeblich darauf gestützt, es sei nach den Angaben der Kläger im Aberken­nungs­ver­fahren und den Eintragungen im deutschen Melderegister sicher, dass sie bei Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis ihren Wohnsitz nicht in Polen, sondern in Deutschland gehabt hätten.

Bundes­ver­wal­tungs­gericht rief EuGH an

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Berufungs­ent­schei­dungen aufgehoben und die Sachen zur weiteren Sachver­halts­auf­klärung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Wie der Europäische Gerichtshof mit Beschluss vom 9. Juli 2009 - Rs. C 445/08, Wierer - entschieden hat, kann die Beschränkung einer EU-Fahrerlaubnis nicht darauf gestützt werden, dass sich aus den Angaben des Betroffenen im Aberken­nungs­ver­fahren ein Verstoß gegen das Wohnsit­zer­for­dernis ergibt.

Deutsche Behörden dürfen Informationen beim Ausstel­ler­mit­gliedstaat einholen

Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Beschluss aber anerkannt, dass die deutschen Verwal­tungs­be­hörden und Gerichte Informationen beim Ausstel­ler­mit­gliedstaat einholen können. Hierzu besteht Anlass, wenn es ernstliche Zweifel an dem ausländischen Wohnsitz gibt. Teilt der Ausstel­ler­mit­gliedstaat selbst mit, dass der Führer­schei­n­inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz nicht dort hatte, steht das europäische Gemein­schaftsrecht einer Beschränkung der EU-Fahrerlaubnis nicht entgegen. Da das Berufungs­gericht hierzu bislang keine Feststellungen getroffen hat, etwa durch Nachfrage bei polnischen Einwoh­ner­mel­de­be­hörden, konnte über die Rechtmäßigkeit der Fahrer­laub­nis­be­schrän­kungen noch nicht abschließend entschieden werden.

Quelle: ra-online, Bundesverwaltungsgericht

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