23.11.2024
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Dokument-Nr. 21218

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Urteil25.06.2015BundesverwaltungsgerichtBVerwG 3 C 1.14, BVerwG 3 C 2.14, BVerwG 3 C 3.14 und BVerwG 3 C 4.14
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Bundesverwaltungsgericht Urteil25.06.2015

Schwangeren­beratungs­stellen der Caritas haben Anspruch auf öffentliche FörderungBeratungs­stellen zur Sicherstellung eines ausreichenden pluralen Angebots in Wohnortnähe erforderlich

Das Bundes­verwaltungs­gericht hat in vier Paral­lel­ver­fahren entschieden, dass ein Land die öffentliche Förderung von katholischen Schwangeren­beratungs­stellen nur ablehnen darf, wenn und soweit die Beratungs­stellen zur Sicherstellung eines ausreichenden pluralen und wohnortnahen Beratungs­an­gebots nicht erforderlich sind. Die Erfor­der­lichkeit beurteilt sich anhand des tatsächlichen Beratungs­an­gebots und -bedarfs in dem betroffenen Versor­gungs­bereich.

Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens sind zwei Caritasverbände in Brandenburg. Ihre Anträge auf Förderung der Beratungs­stellen in Cottbus und Strausberg für die Jahre 2007 (August bis Dezember) und 2008 lehnte das beklagte Landesamt mit der Begründung ab, in den betroffenen Versor­gungs­be­reichen gebe es mehr Beratungs­stellen als notwendig. § 3 des Landes­aus­füh­rungs­ge­setzes zum Schwan­ger­schafts­kon­flikt­gesetz (BbgAGSchKG) sehe für diesen Fall vor, dass vorrangig Beratungs­stellen gefördert würden, die außer der allgemeinen Beratung nach § 2 SchKG auch die Schwan­ger­schafts­kon­flikt­be­ratung nach den §§ 5 ff. SchKG anböten und die Beratungs­be­schei­nigung für einen straffreien Schwan­ger­schafts­abbruch ausstellten. Diese Voraussetzung erfüllten die Beratungs­stellen der Kläger nicht, nachdem die katholische Kirche 2001 entschieden habe, in ihren Einrichtungen keine Beratungs­scheine mehr auszustellen. Das Verwal­tungs­gericht hat die Klagen abgewiesen. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat ihnen stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, den Klägern die Förderung in der beantragten Höhe - insgesamt gut 70.000 Euro für die Beratungs­ein­richtung in Cottbus (volle Personalstelle) und gut 35.000 Euro für die Einrichtung in Strausberg (halbe Stelle) - auszuzahlen.

BVerwG bejaht Anspruch auf angemessene öffentliche Förderung

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revisionen des Beklagten zurückgewiesen. Nach dem Schwan­ger­schafts­kon­flikt­gesetz haben auch Beratungs­stellen, die wie die Kläger ausschließlich die allgemeine Beratung nach § 2 SchKG anbieten, Anspruch auf eine angemessene öffentliche Förderung der Personal- und Sachkosten, sofern sie zur Sicherstellung eines ausreichenden pluralen Angebots wohnortnaher Beratungs­stellen erforderlich sind. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat § 3 BbgAGSchKG ohne Bundes­rechts­verstoß dahin ausgelegt, dass der dort geregelte Vorrang für die Konflikt­be­ra­tungs­stellen erst dann zum Tragen komme, wenn das vorhandene Beratungs­angebot auch den Kriterien der Wohnortnähe und Trägervielfalt gerecht werde. Danach haben die Beratungs­stellen der Kläger einen Anspruch auf Förderung, weil sie nach den verbindlichen Feststellungen des Oberver­wal­tungs­ge­richts zur Sicherstellung eines ausreichenden pluralen Angebots i. S. d. § 3 SchKG und des § 2 Abs. 1 BbgAGSchKG erforderlich sind. Anders als der Beklagte hat das Oberver­wal­tungs­gericht angenommen, dass dem Plura­li­täts­er­for­dernis durch das Vorhandensein von zwei Beratungs­stellen mit unter­schied­licher weltan­schau­licher Ausrichtung noch nicht Genüge getan ist, wenn dabei das Beratungs­angebot einer - wie das Oberver­wal­tungs­gericht in Bezug auf die katholische Kirche in Brandenburg bindend festgestellt hat - gesell­schaftlich relevanten Gruppe unberück­sichtigt bleibt, obwohl es sich in der weltan­schau­lichen Ausrichtung von den übrigen Beratungs­stellen unterscheidet und obwohl - wie das Oberver­wal­tungs­gericht ebenfalls festgestellt hat - dafür eine entsprechende Nachfrage bei den Ratsuchenden vorhanden ist. Bundesrechtlich ist dagegen nichts zu erinnern. Das Erfordernis der Pluralität nach dem Schwan­ger­schafts­kon­flikt­gesetz bezweckt die Sicherstellung eines Mindest­standards für die weltan­schauliche Vielfalt des Beratungs­an­gebots, der hier nicht unterschritten wird.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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