15.11.2024
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Sie sehen einen Schreibtisch mit verschiedenen Schreibutensilien, sowie einen Holzstempel auf einem Stempelkissen.

Dokument-Nr. 23943

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Urteil02.03.2017BundesverwaltungsgerichtBVerwG 2 C 21.16
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Sigmaringen, Urteil08.10.2014, 1 K 1152/13
  • Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil15.06.2016, 4 S 126/15
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Bundesverwaltungsgericht Urteil02.03.2017

Dienstliche Beurteilung kann bei hinreichender Kenntnis auch von nur einem Beurteiler erstellt werdenHöherer Vorgesetzter muss sich als einziger Beurteiler jedoch Überblick über gesamte Vergleichs­gruppe verschaffen

Die dienstliche Beurteilung eines Beamten darf auch von einem Beurteiler erstellt werden, der die Leistung im Beurteilungs­zeitraum nicht aus eigener Anschauung kennt. Eine derartige Verfahrensweise setzt aber ein Beurtei­lungs­system voraus, das sicherstellt, dass der Beurteiler über hinreichende Kenntnis von den für die Beurteilung wesentlichen Tatsachen verfügt. Werden Vergleichs­gruppen gebildet, müssen diese aus Beschäftigten bestehen, die in einem potentiellen Konkurrenz­verhältnis zueinander stehen. Für Beamte aus unter­schied­lichen Laufbahnen gilt dies grundsätzlich nicht, Tarif­be­schäftigte dürfen dagegen einbezogen werden. Das Beurtei­lungs­system der Bundes­netz­agentur für Elektrizität, Gas, Telekom­mu­ni­kation, Post und Eisenbahnen entspricht diesen Vorgaben teilweise nicht. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Rechtsstreits, eine bei der Bundes­netz­agentur arbeitende Bundesbeamtin, wandte sich gegen eine im Ankreuz­ver­fahren erstellte Regel­be­ur­teilung. Sie machte insbesondere geltend, der Beurteiler sei weder zu einer eigenständigen Bewertung ihrer Leistungen in der Lage gewesen noch habe er sich ausreichende Kenntnis hierüber verschafft. Ihre Herabstufung um eine Notenstufe gegenüber den vorangegangenen Beurteilungen sei nicht plausibel.

Klage in den Vorinstanzen erfolgreich

Die Beklagte ist in den Vorinstanzen zur Neubeurteilung der Klägerin verpflichtet worden. Angesichts der uneinheitlichen Notenvergabe in den Einzelmerkmalen habe es einer Begründung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung bedurft. Darüber hinaus habe die Beklagte unzulässige Vergleichs­gruppen für die vorgegebenen Quoten gebildet: zum einen habe sie Tarif­be­schäftigte nicht einbeziehen dürfen, zum anderen dürften in einer Vergleichs­gruppe nicht Beamte in unter­schied­lichen Laufbahnen zusammengefasst werden.

Beurteiler muss sich durch Einbeziehung von Fachvor­ge­setzten hinreichende Kenntnis über Leistungen des zu beurteilenden Beamten verschaffen

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass es angesichts der uneinheitlichen Bewertung der Leistungen der Klägerin in den Einzelmerkmalen einer Begründung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung bedurft hätte. Dieses muss bereits bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilung erfolgen und kann nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. Die Beurteilung darf zur Gewährleistung eines einheitlichen Beurtei­lungs­maßstabs auch durch einen höheren Vorgesetzten als einzigem Beurteiler erstellt werden, der einen Überblick über die gesamte Vergleichs­gruppe besitzt. Ein derartiges Beurtei­lungs­system setzt aber voraus, dass sich der Beurteiler durch eine Einbeziehung der Fachvor­ge­setzten hinreichende Kenntnis über die Leistungen des zu beurteilenden Beamten verschafft (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 1 BLV i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG). Werden hierzu schriftliche Beurtei­lungs­beiträge erstellt, sind diese für eine etwaige gerichtliche Kontrolle aufzubewahren. Da die Einordnung in vorgegebene Quoten oder Richtwerte der Klärung einer Wettbe­wer­bs­si­tuation dient, muss die Vergleichs­gruppe aus Beschäftigten bestehen, die potentiell in einer Konkur­renz­si­tuation zueinander stehen. Dies ist bei Beamten aus unter­schied­lichen Laufbahnen oder Laufbahngruppen grundsätzlich nicht der Fall. Denn das bei einer Beförderung zu vergebende Statusamt wird auch durch die Laufbahn bestimmt.

Einbeziehung von Angestellte in Regel­be­ur­tei­lungs­ver­fahren nicht zu beanstanden

Beamte und Tarif­be­schäftigte einer Behörde stehen dagegen in einem potentiellen Konkur­renz­ver­hältnis um Beför­de­rungs­stellen. Um eine Vergleich­barkeit der Beurteilungen in zukünftigen Auswahl­ver­fahren erleichtern zu können, dürfen daher auch Angestellte in das Regel­be­ur­tei­lungs­ver­fahren und die hierfür geltenden Richtwerte einbezogen werden. Für derartige Binnen­be­ur­tei­lungen findet der in der arbeits­ge­richt­lichen Rechtsprechung zu Arbeits­zeug­nissen - die für eine Verwendung außerhalb des Bereichs des bisherigen Arbeitgebers bestimmt sind - entwickelte Wohlwol­lens­grundsatz keine Anwendung.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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