21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil12.04.2017

Bundeswehrärzte: Vorzeitige Dienst­quit­tierung führt zu Rückzah­lungs­pflicht der dem Bund entstandenen Ausbil­dungs­kostenKeine Verletzung des Eigentumsrechts

Verlassen Soldaten auf Zeit, die auf Kosten des Bundes ein Hochschul­studium absolvieren, die Bundeswehr vor Ablauf ihrer Verpflich­tungszeit, sind diese grundsätzlich verpflichtet dem Bund die Ausbil­dungs­kosten zu erstatten. Dies hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in einer Vielzahl von Verfahren bekanntgegeben.

In den zu entscheidenden Fällen handelt es sich bei den Klägern um ehemalige Soldaten auf Zeit, die während ihrer Bundeswehrzeit auf Kosten des Bundes ein Hochschul­studium absolviert haben, in der großen Mehrheit der Fälle Humanmedizin. Nach der Verpflich­tungs­er­klärung der Kläger hätten diese für einen Zeitraum von rd. zehn Jahren nach Abschluss des Studiums in der Bundeswehr als Sanitäts­of­fiziere Dienst leisten müssen. Die Kläger haben jedoch bereits nach etwa zwei bis drei Jahren die Bundeswehr verlassen, um einer zivilen Berufstätigkeit nachzugehen.

Ausbil­dungs­kosten mit monatlich ca. 1.800 Euro beziffert

Der Bund hat daraufhin von den Klägern das während des Studiums erhaltene Ausbildungsgeld von monatlich rd. 1 800 € sowie Fachaus­bil­dungs­kosten zurückgefordert, die nach dem Studium während der Tätigkeit als Sanitäts­of­fizier entstanden sind. Zur Begleichung der durchweg sechsstelligen Rückfor­de­rungs­summen hat der Bund im Rahmen des ihm zur Vermeidung von Härtefällen eingeräumten Ermessens den Klägern Stundung und Ratenzahlung gewährt. Für die gestundeten Beträge wurde ein Zinssatz von 4 % festgesetzt.

Klagen überwiegend erfolglos

Die hiergegen gerichteten Klagen und Berufungs­ver­fahren sind in ganz überwiegendem Umfang ohne Erfolg geblieben. Einige Verwal­tungs­ge­richte haben mit Blick auf die anhaltende Niedrig­zin­sphase den Zinssatz abgesenkt. Die teilweise umfänglich und teilweise nur wegen der Festsetzung von Zinsen zugelassenen Revisionen haben zum Teil Erfolg gehabt.

Verhal­tens­steuernde Wirkung durch Rückzah­lungs­ver­pflichtung

Grundsätzlich hat der Bund zu Recht das während des Studiums gewährte Ausbildungsgeld und die im Anschluss entstandenen Fachaus­bil­dungs­kosten zurückgefordert. Die gesetzlich vorgesehene Rückzah­lungs­ver­pflichtung verletzt nicht das Eigentumsrecht des ehemaligen Soldaten, sondern sie stellt einen angemessenen Ausgleich für die berechtigten, jedoch enttäuschten Erwartungen des Bundes dar, dass ihm der Soldat die auf Kosten des Bundes erworbenen Spezi­a­l­kenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflich­tungszeit zur Verfügung stellen wird. Der Rückzah­lungs­ver­pflichtung kommt auch eine verhal­tens­steuernde Wirkung zu. Sie soll Soldaten davon abhalten, entgegen ihrer Verpflich­tungs­er­klärung vorzeitig ihren Dienst aufzugeben und so die Personalplanung und Vertei­di­gungs­be­reit­schaft der Bundeswehr zu gefährden. Insoweit hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht seine ständige Rechtsprechung bestätigt.

Fehlende Abdienquote ermes­sens­feh­lerhaft

In zwei Punkten ist jedoch eine Korrektur an der Berech­nung­s­praxis der Bundeswehr vorzunehmen. So ist es im Hinblick auf die Härte­fa­ll­re­gelung ermes­sens­feh­lerhaft, wenn Zeiten, in denen approbierte Sanitäts­of­fiziere vollen Dienst als Arzt in einem Bundes­wehr­kran­kenhaus leisten, nicht zur Verringerung der Rückzah­lungs­ver­pflichtung führen (sog. Abdienquote). Das gilt auch dann, wenn sie zu dieser Zeit eine einer zivilen Facha­rz­t­aus­bildung ähnliche Fachausbildung erhalten. Maßgeblich ist allein, dass sie mit der ärztlichen Tätigkeit nach den Vorgaben der Bundeswehr die berechtigten Erwartungen des Bundes an ihre Dienstleistung als Arzt erfüllen.

Kein Zinsanspruch für Bund

Zudem ist die Festsetzung von Zinsen rechtswidrig. Hierfür fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Die Ermes­sens­vor­schrift, welche dem Bund den (Teil-) Verzicht auf die Rückforderung in Härtefällen erlaubt, kann nicht herangezogen werden, um zusätzliche Belastungen wie Zinsen zu rechtfertigen.

BVerwG 2 C 16.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg 5 LB 156/15 - Urteil vom 26. April 2016

VG Braunschweig 7 A 144/13 - Urteil vom 24. März 2015

BVerwG 2 C 5.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster 1 A 10/14 - Urteil vom 24. Februar 2016

VG Köln 9 K 6900/12 - Urteil vom 15. November 2013

BVerwG 2 C 8.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster 1 A 9.14 - Urteil vom 24. Februar 2016

VG Köln 9 K 4155/12 - Urteil vom 15. November 2013

BVerwG 2 C 14.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg 5 LB 154/15 - Urteil vom 26. April 2016

VG Göttingen 1 A 142/13 - Urteil vom 11. März 2015

BVerwG 2 C 15.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg 5 LB 61/15 - Urteil vom 26. April 2016

VG Hannover 2 A 3282/13 - Urteil vom 16. Oktober 2014

BVerwG 2 C 4.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster 1 A 335/14 - Urteil vom 24. Februar 2016

VG Düsseldorf 10 K 5420/13 - Urteil vom 30. Dezember 2013

BVerwG 2 C 23.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

VGH Mannheim 4 S 2237/15 - Urteil vom 06. Juli 2016

VG Stuttgart 6 K 3626/14 - Urteil vom 20. Oktober 2015

BVerwG 2 C 24.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

VGH Mannheim 4 S 1492/15 - Urteil vom 06. Juli 2016

VG Sigmaringen 7 K 1974/13 - Urteil vom 31. März 2015

BVerwG 2 C 29.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Koblenz 10 A 10935/14.OVG - Urteil vom 06. Februar 2015

VG Koblenz 1 K 381/13.KO - Urteil vom 08. Januar 2014

BVerwG 2 C 47.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Koblenz 10 A 10933/14 - Urteil vom 06. Februar 2015

VG Koblenz 1 K 629/13.KO - Urteil vom 08. Januar 2014

BVerwG 2 C 48.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Koblenz 10 A 10931/14.OVG - Urteil vom 06. Februar 2015

VG Koblenz 1 K 1166/12.KO - Urteil vom 08. Januar 2014

BVerwG 2 C 3.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Schleswig 2 LB 13/15 - Urteil vom 10. März 2017

VG Schleswig 12 A 26/13 - Urteil vom 04. Dezember 2014

BVerwG 2 C 1.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster 1 A 795/14 - Urteil vom 20. Juli 2016

VG Düsseldorf 10 K 9026/12 - Urteil vom 19. Februar 2014

BVerwG 2 C 2.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster 1 A 797/14 - Urteil vom 20. Juli 2016

VG Düsseldorf 10 K 9101/12 - Urteil vom 04. März 2014

BVerwG 2 C 9.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster 1 A 829/14 - Urteil vom 09. November 2016

VG Düsseldorf 10 K 3411/13 - Urteil vom 19. Februar 2014

Erläuterungen

§ 56 Abs. 4 Soldatengesetz 1995 lautet:

Ein Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muß die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist oder er seine Entlassung nach § 55 Abs. 4 Satz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Ein Sanitäts­of­fizier-Anwärter muß das ihm gewährte Ausbildungsgeld erstatten, wenn er

1. seiner Berufung in das Dienst­ver­hältnis eines Berufssoldaten nicht zugestimmt hat, es sei denn, daß seine Dienstzeit im Dienst­ver­hältnis eines Soldaten auf Zeit auf Grund freiwilliger Verpflichtung auf die Dauer von fünfzehn Jahren festgesetzt wird,

2. auf seinen Antrag entlassen worden ist oder

3. seine Entlassung nach § 55 Abs. 4 Satz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.

Auf die Erstattung kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ ra-online

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