21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil04.11.2010

BVerwG: Ernennung eines Gerichts­prä­si­denten kann im Konkur­ren­ten­streit angefochten werdenGrundsatz der Ämterstabilität steht dem nicht entgegen

Die Beförderung eines Richters oder Beamten in ein höheres Amt kann von einem unterlegenen Mitbewerber vor den Verwal­tungs­ge­richten mit Erfolg angefochten werden, wenn der Dienstherr den ausgewählten Bewerber unter Verletzung des Grundrechts des Mitbewerbers auf wirkungsvollen Rechtsschutz ernannt hat. Die Klage hat Erfolg, wenn die Bewerberauswahl Rechte des Mitbewerbers verletzt. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

In dem zu entscheidenden Verfahren hatten sich der Kläger als Präsident eines Landgerichts und der Beigeladene als damaliger Präsident des Landes­so­zi­al­ge­richts um das höher eingestufte Amt des Präsidenten des Oberlan­des­ge­richts beworben. Der Justizminister entschied sich für den Beigeladenen.

Kläger beantragt Untersagung der Ernennung

Der Antrag des Klägers, dem Beklagten die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlan­des­ge­richts durch einstweilige Anordnung zu untersagen, blieb in beiden verwal­tungs­ge­richt­lichen Instanzen erfolglos. Der Kläger hatte dem Beklagten mitgeteilt, er werde bei nachteiligem Ausgang des Verfahrens das Bundes­ver­fas­sungs­gericht anrufen. Unmittelbar nach Eingang der Entscheidung des Oberver­wal­tungs­ge­richts im Justiz­mi­nis­terium händigte der Justizminister dem Beigeladenen die Ernen­nungs­urkunde aus.

Bundes­ver­wal­tungs­gericht hebt Ernennung auf

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat der in den Vorinstanzen erfolglosen Klage stattgegeben. Es hat die Ernennung des Beigeladenen mit Wirkung ab Zustellung des Urteils aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, das Amt des Präsidenten des Oberlan­des­ge­richts aufgrund eines neuen Auswahl­ver­fahrens zu vergeben.

Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz verletzt

Der Entscheidung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts liegen folgende Erwägungen zugrunde: Ernennt der Dienstherr den ausgewählten Bewerber, bevor unterlegene Bewerber die Möglichkeiten der gerichtlichen Nachprüfung ausgeschöpft haben, so verletzt er deren Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz. Bei derartiger Rechts­schutz­ver­ei­telung können die Rechte der unterlegenen Bewerber auf gerichtliche Nachprüfung der Bewerberauswahl nur durch eine Klage gegen die Ernennung gewahrt werden. Daher muss in Fällen dieser Art der Grundsatz der Ämterstabilität, nach dem die Vergabe eines Amtes rechtsbeständig ist, zurückstehen.

Auswahl des Beigeladenen auf nicht tragfähige Erkenntnisse gestützt

Die hier getroffene Auswah­l­ent­scheidung des Beklagten hat das grundrechtlich gewährleistete Recht des Klägers auf eine sachgerechte, allein an Leistungs­ge­sichts­punkten orientierte Entscheidung über seine Bewerbung verletzt. Insbesondere hat der Beklagte die Auswahl des Beigeladenen auf nicht tragfähige Erkenntnisse gestützt. Er durfte dem Beigeladenen nicht bereits aufgrund statistischer Angaben über die Arbeits­er­gebnisse der Sozial­ge­richts­barkeit des Landes in dessen Amtszeit und aufgrund der Eindrücke des Justizministers bei den Tagungen der Oberpräsidenten den Vorzug geben.

Vertrauen der Rechts­be­stän­digkeit nicht schutzwürdig

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die neue Rechtsprechung, wonach Ernennungen nicht mehr ohne jede Ausnahme rechtsbeständig sind, bereits im vorliegenden Fall angewandt. Das Vertrauen des Beigeladenen in die Rechts­be­stän­digkeit seiner Ernennung ist nach Abwägung der gegenläufigen Interessen nicht schutzwürdig. Zwar hat der Beigeladene aufgrund des rechtswidrigen Verhaltens des Beklagten erhebliche Nachteile zu tragen. Seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung kann der Beklagte nicht mehr erfüllen, weil die einzige Stelle des Präsidenten des Landes­so­zi­al­ge­richts bereits anderweitig besetzt ist. Jedoch ist der Beklagte aufgrund seiner Fürsorgepflicht gehalten, die Folgen über den Beigeladenen so weit als möglich auszugleichen. Er kann den Beigeladenen mit dessen Zustimmung in ein anderes gleichwertiges Amt versetzen. Der Beigeladene kann sich erneut um das Amt des Präsidenten des Oberlan­des­ge­richts bewerben.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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