18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 11199

Drucken
Urteil24.02.2011BundesverwaltungsgerichtBVerwG 10 C 3.10, BVerwG 10 C 5.10 - 7.10 und BVerwG 10 C 9.10
Vorinstanzen zu BVerwG 10 C 3.10:
  • Verwaltungsgericht Schleswig, Urteil05.08.2005, 6 A 41/05
  • Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein, Urteil09.08.2006, 1 LB 33/05
Vorinstanzen zu BVerwG 10 C 5.10:
  • Verwaltungsgericht Köln, Urteil19.10.2005, 18 K 5073/05.A
  • Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil27.07.2006, 16 A 4354/05.A
Vorinstanzen zu BVerwG 10 C 6.10:
  • Verwaltungsgericht München, Urteil28.07.2005, M 8 K 05.50193
  • Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil06.03.2006, 13a B 05.30858
Vorinstanzen zu BVerwG 10 C 7.10:
  • Verwaltungsgericht Köln, Urteil28.09.2005, 18 K 4138/05.A
  • Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil10.07.2006, 16 A 4045/05.A
Vorinstanzen zu BVerwG 10 C 9.10:
  • Verwaltungsgericht Köln, Urteil02.11.2005, 18 K 5797/05.A
  • Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil18.08.2006, 16 A 4598/05.A
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil24.02.2011

BVerwG: Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland kann zum Widerruf der Flücht­lings­a­n­er­kennung führenVeränderungen der Umstände müssen erheblich und nicht nur vorübergehend sein

Eine Flücht­lings­ei­gen­schaft erlischt, wenn die der Flücht­lings­a­n­er­kennung zugrunde liegenden Umstände in Anbetracht einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderung weggefallen sind und der Betroffene auch nicht aus anderen Gründen Furcht vor Verfolgung haben muss. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts hervor.

Der Bundes­ge­richtshof hatte im zugrunde liegenden Fall zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung wegen Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland nach den Vorgaben der hierzu ergangenen Grund­sat­z­ent­scheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vorliegen.

Sachverhalt

Die Kläger der fünf Ausgangs­ver­fahren sind zwischen 1997 und 2002 nach Deutschland eingereiste irakische Staats­an­ge­hörige. Sie wurden als Flüchtlinge anerkannt, weil sie seinerzeit mit Verfolgung durch das Regime Saddam Husseins rechnen mussten. Nach dessen Sturz widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Jahr 2005 die Anerkennungen wegen der veränderten politischen Verhältnisse im Irak. Die Klagen hatten in erster Instanz Erfolg. Im Berufungs­ver­fahren wurden die Wider­rufs­be­scheide hingegen als rechtmäßig angesehen. Dies wurde damit begründet, dass die Verfolgungsgefahr im Irak nach der Entmachtung Saddam Husseins und der Zerschlagung seines Regimes endgültig weggefallen sei und den Klägern auch nicht aus anderen Gründen Verfolgung drohe.

Bei positiven Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland kann Flücht­lings­ei­gen­schaft erlöschen

Auf die Revisionen der Kläger legte das Bundes­ver­wal­tungs­gericht dem EuGH im Jahr 2008 mehrere Fragen zu den unions­recht­lichen Voraussetzungen für das Erlöschen der Flücht­lings­ei­gen­schaft vor (Art. 11 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG). Diese Fragen hat der EuGH inzwischen mit Urteil vom 2. März 2010 (Rs. C-175/08 u.a.) beantwortet. Dem ist zu entnehmen, dass die Flücht­lings­ei­gen­schaft erlischt, wenn die der Flücht­lings­a­n­er­kennung zugrunde liegenden Umstände in Anbetracht einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderung weggefallen sind und der Betroffene auch nicht aus anderen Gründen Furcht vor Verfolgung haben muss. Der in der Erlöschens­vor­schrift angesprochene Schutz des Landes bezieht sich daher nur auf den Schutz vor Verfolgung im Sinne der Richtlinie. Unerheblich ist deshalb, ob im Herkunftsland sonstige Gefahren drohen.

Ursachen für Anerkennung als Flüchtling müssen dauerhaft beseitigt sind

Die Beendigung der Flücht­lings­ei­gen­schaft ist damit grundsätzlich das Spiegelbild der Anerkennung. Allerdings muss die Veränderung der Umstände erheblich und nicht nur vorübergehend sein (Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie). Dafür muss feststehen, dass die Ursachen, die zu der Anerkennung als Flüchtling geführt haben, beseitigt sind und diese Beseitigung als dauerhaft angesehen werden kann. Dauerhaft ist die Veränderung in der Regel nur, wenn im Herkunftsland ein Staat oder ein sonstiger Schutzakteur im Sinne des Art. 7 der Richtlinie vorhanden ist, der geeignete Schritte eingeleitet hat, um die der Anerkennung zugrunde liegende Verfolgung zu verhindern.

Wegfall der Verfol­gungs­furcht führt zum Widerruf der Flücht­lings­a­n­er­kennung

In Anwendung dieser Grundsätze hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht den Widerruf in zwei Fällen bestätigt. Hier beruhte die Flücht­lings­a­n­er­kennung allein auf der Asylan­trag­stellung und der daraus abgeleiteten Gegnerschaft gegen das Regime Saddam Husseins. Die sich hieraus ergebende Furcht vor Verfolgung ist nach den Feststellungen der Berufungs­ge­richte inzwischen dauerhaft weggefallen, ohne dass andere Umstände geltend gemacht worden sind, die eine Verfol­gungs­furcht begründen könnten. In den drei anderen Fällen fehlte es hingegen an hinreichenden tatrich­ter­lichen Feststellungen, ob die der Anerkennung zugrunde liegenden Umstände tatsächlich dauerhaft weggefallen sind und den Klägern auch nicht wegen anderer Umstände Verfolgung droht. Diese Verfahren mussten deshalb zur weiteren Aufklärung an die Berufungs­ge­richte zurückverwiesen werden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil11199

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI