15.11.2024
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Dokument-Nr. 17381

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Beschluss17.12.2013BundesverwaltungsgerichtBVerwG 1 WRB 2.12 und BVerwG 1 WRB 3.12
Vorinstanz:
  • Truppendienstgericht Nord Beschlüsse vom 21. Juni 2012 N 6 BLa 3/09 und N 6 BLa 4/09
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Beschluss17.12.2013

Haar- und Barterlass der Bundeswehr ist rechtmäßigEinschränkungen der Soldaten in der freien Gestaltung ihrer Frisuren für ein einheitliches äußeres Erschei­nungsbild der Bundeswehr gerechtfertigt

Der so genannte Haar- und Barterlass, der die Haar- und Barttracht der Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr regelt, ist rechtmäßig. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Der Antragsteller des zugrunde liegenden Streitfalls leistete ab Januar 2009 als Wehrpflichtiger Grundwehrdienst in einem Ausbil­dungs­re­giment. Er trug bei Antritt des Wehrdienstes rund 40 cm lange Haare, die offen getragen auf den Rücken fielen. Im Dienst sicherte er die Haare zunächst mit mehreren Haargummis, so dass sie einen langen, über den Uniformkragen hinaus bis zu den Schul­ter­blättern reichenden Pferdeschwanz ergaben; später trug er die Haare hochgebunden.

Vorgesetzte weisen auf Bestimmungen des Haar- und Barterlasses hin

Seine Diszi­pli­na­r­vor­ge­setzten befahlen dem Antragsteller mehrfach, sich mit einer Frisur zum Dienst zu melden, die den Bestimmungen des Haar- und Barterlasses entspricht. Dieser sieht für männliche Soldaten vor, dass das Haar am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein muss, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden; das Haar muss so getragen werden, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden.

Antragsteller fühlt sich in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verletzt

Der Antragsteller befolgte die Befehle nicht und erhob gegen zwei dieser Befehle Beschwerde nach der Wehrbe­schwer­de­ordnung. Er sah sich in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) verletzt und verlangte Gleich­be­handlung mit Soldatinnen, denen das Tragen längerer Haare, ggf. mit einem Haarnetz, gestattet sei. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde vom Truppen­dienst­gericht zurückgewiesen. Auch die wegen Divergenz zugelassene Rechts­be­schwerde zum Bundes­ver­wal­tungs­gericht blieb ohne Erfolg.

Bundesminister der Verteidigung ist zur Regelung der Haar- und Barttracht befugt

Der 1. Wehrdienstsenat hat entschieden, dass der Bundesminister der Verteidigung befugt ist, im Zusammenhang mit der Uniform der Soldaten auch deren Haar- und Barttracht zu regeln. Mit dem geltenden Erlass hat er dabei den ihm zustehenden Einschät­zungs­spielraum nicht überschritten. Der spezifische Auftrag und die Funkti­o­ns­fä­higkeit der Streitkräfte sind unverändert in einem hohen Maß durch ein nach außen einheitliches Auftreten und einen nach innen engen Zusammenhalt ihrer Angehörigen geprägt. Einschränkungen der Soldaten in der freien Gestaltung ihrer Haartracht sind deshalb durch das Regelungsziel eines - für das Selbst­ver­ständnis und die öffentliche Wahrnehmung bestimmenden - einheitlichen äußeren Erschei­nungsbilds der Bundeswehr bei der Erfüllung ihres Vertei­di­gungs­auftrags im In- und Ausland gerechtfertigt.

"Einheitsfrisur" ist nicht vorgesehen

Im Hinblick auf die auch den Soldaten in weitem Umfang gewährleisteten Freiheiten zur individuellen Lebens­ge­staltung stellt die im Äußerlichen bleibende Regelung der Haartracht ein verhält­nis­mäßiges Mittel dar, zumal keine „Einheitsfrisur“ verordnet, sondern lediglich äußere Grenzen gesetzt werden.

Erlaubnis zum Tragen längerer Haare für Soldatinnen stellt zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr dar

Eine Ausnahme für Grund­wehr­dienst­leistende (im Rahmen der bis zum 30. Juni 2011 geltenden allgemeinen Wehrpflicht) war nicht geboten, weil diese wegen ihrer großen Zahl und ihrer Verteilung auf nahezu sämtliche Truppen­gat­tungen und Tätig­keits­be­reiche das Gesamtbild der Bundeswehr maßgeblich mitprägten. Die Regelung über die Haartracht von Soldatinnen, die diesen auch das Tragen längerer Haare gestattet, stellt eine zulässige Maßnahme zur Förderung von Frauen in der Bundeswehr dar, die die striktere Regelung der Haartracht für männliche Soldaten nicht in Frage stellt. Im Anschluss an die allgemeine Öffnung der Bundeswehr für Frauen im Januar 2001 und bei einem Anteil der Frauen in den Streitkräften von derzeit rund 10 % hat sich für das äußere Erscheinungsbild von Soldatinnen noch keine Tradition oder Erwar­tungs­haltung innerhalb der Bundeswehr und in der Öffentlichkeit verfestigt.

Der Haar- und Barterlass (Anlage 1 zu der Zentralen Dienst­vor­schrift 10/5) lautet wie folgt:

Erläuterungen
Die Erfordernisse des militärischen Dienstes hinsichtlich Funkti­o­ns­fä­higkeit, Unfallverhütung, Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit, Disziplin und Hygiene stellen grundsätzliche Anforderungen an die Haartracht der Soldatinnen sowie die Haar- und Barttracht der Soldaten.

1. Die Haar- und Barttracht muss sauber und gepflegt sein. Modische Frisuren sind erlaubt; ausgenommen sind Frisuren, die in Farbe, Schnitt und Form besonders auffällig sind (z. B. Punkerfrisuren, Iroke­sen­schnitte, grell gefärbte Haarsträhnen, Ornament­schnitte).

2. Das Haar von Soldaten muss am Kopf anliegen oder so kurz geschnitten sein, dass Ohren und Augen nicht bedeckt werden. Es ist so zu tragen, dass bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt werden. Nicht erlaubt sind besonders ausgefallene Haarschnitte (z. B. Pferdeschwänze, gezopfte Frisuren). Bärte und Koteletten müssen kurz geschnitten sein. Wenn sich der Soldat einen Bart wachsen lassen will, muss er dies während seines Urlaubs tun. Die oder der Diszi­pli­na­r­vor­ge­setzte kann Ausnahmen genehmigen.

3. Die Haartracht von Soldatinnen darf den vorschrifts­mäßigen Sitz der militärischen Kopfbedeckung nicht behindern. Zur Einhaltung von Sicher­heits­be­stim­mungen und bei bestimmten Diensten (z. B. Gefechts­aus­bildung, Sportausbildung, Teilnahme an Einsätzen und Übungen) kann die oder der Diszi­pli­na­r­vor­ge­setzte bei langen Haaren das Tragen eines Haarnetzes befehlen.

4. Auch für Angehörige der Reserve, die Wehrübungen leisten, muss die Haar- und Barttracht sauber und gepflegt sein. Unabhängig davon soll die bzw. der Diszi­pli­na­r­vor­ge­setzte das Tragen eines Haarnetzes befehlen, wenn das Haar in Farbe, Schnitt und Form den vorgenannten Forderungen nicht entspricht. Soweit besondere Verhältnisse Abweichungen von den o.a. Bestimmungen erforderlich machen oder für bestimmte Personengruppen (z.B. Soldatinnen und Soldaten in Auslands­ver­wen­dungen, fliegendes Personal, Soldatinnen und Soldaten im proto­kol­la­rischen Dienst, Pflegepersonal in Bundes­wehr­kran­ken­häusern) Sonder­re­ge­lungen erforderlich sind, sind diese zu befehlen. Zuständig sind die Inspekteure der Teilstreit­kräfte, der Inspekteur des Sanitäts­dienstes der Bundeswehr und der Inspekteur der Streit­kräf­tebasis. Die Befugnis kann delegiert werden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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