15.11.2024
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Dokument-Nr. 1571

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Urteil09.09.2003BundesverwaltungsgerichtBVerwG 1 C 6.03
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Bundesverwaltungsgericht Urteil09.09.2003

Rücknahme einer Einbürgerung nach Scheinehe

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat die Rücknahme einer Einbürgerung für zulässig erklärt, die ein Ausländer durch Täuschung über das Bestehen einer ehelichen Lebens­ge­mein­schaft mit einer deutschen Ehefrau erlangt hat.

Der aus der Türkei stammende Kläger reiste im Dezember 1991 (nach Scheidung seiner Ehe mit einer türkischen Staats­an­ge­hörigen) in das Bundesgebiet ein und stellte erfolglos einen Asylantrag. Vor seiner ihm angedrohten Abschiebung heiratete er im August 1992 eine deutsche Staats­an­ge­hörige, die drogenabhängig war und zeitweilig der Prostitution nachging. Daraufhin erhielt er eine Aufent­halt­s­er­laubnis. Im April 1997 wurde er im Hinblick auf diese Ehe (nach § 9 des Reichs- und Staats­an­ge­hö­rig­keits­ge­setzes) – zusammen mit seiner 1986 in der Türkei geborenen Tochter aus erster Ehe – eingebürgert. Wenig später wurde die Ehe auf Antrag des Klägers geschieden. Nachdem bekannt geworden war, dass der Kläger seine frühere türkische Ehefrau im Dezember 1997 erneut geheiratet hatte, nahm das beklagte Land die Einbürgerung wegen falscher Angaben und arglistiger Täuschung zurück. Die hiergegen gerichtete – in erster Instanz erfolgreiche – Klage hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat entschieden, dass die Einbürgerung des Klägers zu Recht zurückgenommen worden ist. Seine im Hinblick auf die Ehe mit einer Deutschen erfolgte Einbürgerung war rechtswidrig, da es sich hierbei um eine sog. Scheinehe handelte. Eine eheliche Lebens­ge­mein­schaft war nach den Feststellungen des Verwal­tungs­ge­richtshofs nie beabsichtigt und wurde auch nie aufgenommen. Hierüber hat der Kläger die Ausländer- und die Einbür­ge­rungs­behörde des Beklagten vorsätzlich getäuscht. Eine derart erschlichene Einbürgerung darf zurückgenommen werden. Dies hat der Senat kürzlich für eine andere Fallkon­stel­lation entschieden (vgl. Urteil vom 3. Juni 2003 – BVerwG 1 C 19.02 –).

Dagegen hatte die Revision der Tochter Erfolg, die mit dem Vater eingebürgert worden war, aber seit ihrer Einreise im Jahr 1993 bei den Großeltern in Deutschland lebt. Zwar ist auch diese Einbürgerung durch Täuschung des Vaters erwirkt und deshalb rücknehmbar. Der Beklagte und der Verwal­tungs­ge­richtshof haben jedoch nicht hinreichend beachtet, dass der Tochter des Klägers keine eigene Täuschungs­handlung vorzuwerfen ist. Für eine fehlerfreie Ausübung des Rücknah­me­er­messens hätten ihre persönlichen schutzwürdigen Belange angemessen berücksichtigt werden müssen.

Quelle: Pressemitteilung des BVerwG vom 09.09.2003

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