15.11.2024
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Sie sehen drei Hände erschiedener Hautfarbe vor einer Weltkarte.

Dokument-Nr. 28024

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Urteil29.10.2019BundesverwaltungsgerichtBVerwG 1 C 43.18
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Köln, Urteil26.09.2017, 7 K 6781/16
  • Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil27.08.2018, 11 A 2663/17
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil29.10.2019

Spät­aus­siedler­eigenschaft setzt Abstammung von einem bei Kriegsende noch im Aussied­lungs­gebiet lebenden deutschen Volks­an­ge­hörigen vorausBVerwG präzisiert Voraussetzungen für Spät­aus­siedler­anerkennung

Als Spätaussiedler kann ein nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Geborener nur anerkannt werden, wenn er von einem deutschen Volks­zu­ge­hörigen oder deutschen Staats­an­ge­hörigen abstammt, der am 8. Mai 1945 noch gelebt und seinen Wohnsitz im Aussied­lungs­gebiet hatte. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Der 1964 geborene Kläger des zugrunde liegenden Falls, ein russischer Staats­an­ge­höriger, begehrte die Aufnahme als Spätaussiedler. Seine 1935 geborene Mutter ist ausweislich der dem Kläger 2011 ausgestellten Geburtsurkunde russischer Nationalität. In der ebenfalls 2011 ausgestellten Geburtsurkunde seiner Mutter ist der im Jahr 1942 im Krieg gefallene Großvater mütte­r­li­cherseits mit deutscher Nationalität vermerkt. Antrag, Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

OVG verneint Spätaus­sied­le­rei­gen­schaft

Das Oberver­wal­tungs­gericht wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts zurück. Der Kläger könne nicht Spätaussiedler i.S.v. § 4 Abs. 1 Nr. 3 des Bundes­ver­trie­be­nen­ge­setzes (BVFG) sein, weil er nicht von einer Person abstamme, die die Stich­tags­vor­aus­setzung des 8. Mai 1945 nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BVFG erfülle. Denn der insoweit allein in Betracht kommende Großvater mütte­r­li­cherseits sei bereits 1942 verstorben.

Mutter des Klägers möglicherweise auch als deutsche Volkszugehörige einzustufen

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hob das Berufungsurteil auf und wies den Rechtsstreit zurück. Das Berufungs­gericht hat zwar im Einklang mit § 4 Abs. 1 Nr. 3 BVFG entschieden, dass Spätaussiedler im Sinne dieser Norm nur sein könne, wer von einem deutschen Volks­zu­ge­hörigen abstamme, der zu den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BVFG bezeichneten Stichtagen noch gelebt hat; für die Anwendung des § 4 Abs. 1 Nr. 3 BVFG könne sich der Kläger daher nicht auf eine deutsche Volks­zu­ge­hö­rigkeit seines bereits 1942 verstorbenen Großvaters berufen. Es habe aber nicht hinreichend geprüft, ob die Mutter, die im Zeitpunkt des Beginns der Vertrei­bungs­maß­nahmen (hier) im Juni 1941 noch Kind und nicht bekenntnisfähig war, in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Geburt des Klägers nach der seinerzeitigen Rechtslage mit Blick auf eine deutsche Volks­zu­ge­hö­rigkeit ihres Vaters ebenfalls als deutsche Volkszugehörige einzustufen war. Bei Elternteilen verschiedenen Volkstums sei danach entscheidend, welcher Elternteil bei Beginn der Vertrei­bungs­maß­nahmen für die Bekenntnislage in der Familie prägend war.

Durchgängiges Bekenntnis zum deutschen Volkstum nicht mehr erforderlich

Für die Prüfung der deutschen Volks­zu­ge­hö­rigkeit des Aufnah­me­be­werbers selbst liege § 6 Abs. 2 BVFG ebenfalls ein weiter, genera­ti­o­nen­über­grei­fender Begriff der Abstammung von einem deutschen Volks­zu­ge­hörigen zugrunde. Er erfasse neben den Eltern auch die Voreltern, mithin die Großeltern oder die Urgroßeltern. Hieran sei auch unter Berück­sich­tigung der Änderungen festzuhalten, die die Norm durch das Zehnte Gesetz zur Änderung des Bundes­ver­trie­be­nen­ge­setzes vom 6. September 2013 (BGBl. I S. 3554) erfahren hat. Danach werden ein durchgängiges Bekenntnis zum deutschen Volkstum und zur Bestätigung des Bekenntnisses eine innerfamiliäre Vermittlung deutscher Sprach­kenntnisse oder sonstiger Elemente deutscher Volks­zu­ge­hö­rigkeit nicht mehr zwingend gefordert. § 6 Abs. 2 BVFG könne deshalb auch keine Voraussetzung entnommen werden, wonach der Vorfahre, von dem der Aufnah­me­be­werber seine deutsche Volks­zu­ge­hö­rigkeit ableitet, bei dessen Geburt oder Eintritt der Bekennt­nis­fä­higkeit noch gelebt haben und in der Lage gewesen sein müsste, dem Aufnah­me­be­werber das deutsche Volkstum zu vermitteln oder ihn sonst volkstumsmäßig zu prägen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online (pm/kg)

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