15.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil21.07.1998

Pflicht­mit­glied­schaft in den Industrie- und Handelskammern verfas­sungsgemäß

Die Pflicht­mit­glied­schaft in den Industrie- und Handelskammern ist in den letzten Jahren in die öffentliche Diskussion geraten. Vor allem mittel­stän­dische Gewerbebetriebe bezweifeln die Notwendigkeit dieser als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfaßten Organisationen, deren Kosten zu einem erheblichen Teil durch Beiträge der Pflicht­mit­glieder aufgebracht werden.

Eine Maklerfirma hat sich gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen zur Industrie- und Handelskammer mit der Begründung gewandt, die Pflicht­mit­glied­schaft verstoße gegen die Grundrechte vor allem der Vereinigungs- und Berufsfreiheit und sei nicht erforderlich, weil die Aufgaben der Kammern ebenso gut durch Vereinigungen auf freiwilliger Basis und durch staatliche Stellen erfüllt werden könnten.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat im Jahre 1962 die Pflicht­mit­glied­schaft als verfas­sungsgemäß angesehen. Diese Entscheidung hat Bindungswirkung. Angesichts der im wesentlichen unverändert gebliebenen Aufgaben der Industrie- und Handelskammern hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht keinen Anlaß gesehen, die Verfas­sungs­mä­ßigkeit der Pflicht­mit­glied­schaft nunmehr in Zweifel zu ziehen. Es kann nicht angenommen werden, daß das Grundgesetz die seit mehr als 150 Jahren bestehenden Kammern in ihrer überlieferten Struktur hätte beseitigen wollen. Die Pflicht­mit­glied­schaft ist an dem Grundrecht der allgemeinen Handlungs­freiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zu messen und danach nicht zu beanstanden. Es ist dem Staat unbenommen, Industrie- und Handelskammern als "Mittler" zwischen der gewerblichen Wirtschaft und dem Staat in der Form öffentlich-rechtlicher Körperschaften einzurichten. Die zahlreichen Aufgaben der Kammern vor allem im Zusammenhang mit der ihnen aufgegebenen Wahrnehmung des Gesam­t­in­teresses der zugehörigen Gewer­be­trei­benden z.B. gegenüber Staat und Gemeinden können am besten bei Bestehen einer Pflicht­mit­glied­schaft erfüllt werden, die es angesichts der demokratischen Willensbildung den Kammern ermöglicht, hier ausgleichend und bündelnd tätig zu werden. Die Beitrags­be­lastung zur Finanzierung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben ist aus vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert und durch den Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit begrenzt.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 24/1998 des BVerwG vom 21.07.1998

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