Das Gericht hat Grundsätze, die nach einer neuen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes nunmehr für die Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten EU-Bürgern gelten, weitgehend auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige übertragen (vgl. die Sache BVerwG 1 C 30.02: Strengere Anforderungen an die Ausweisung von EU-Bürgern).
Danach ist eine Ausweisung nur nach einer individuellen Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde zulässig. Zwingende Ausweisungen und Regelausweisungen, wie sie § 47 Ausländergesetz bei schweren Straftaten vorsieht, dürfen auch gegen Türken, die sich auf Assoziationsrecht berufen können, nicht mehr verfügt werden. Außerdem müssen die Ausländerbehörden und die Gerichte künftig neue Tatsachen, die nach der Ausweisungsverfügung entstanden sind, berücksichtigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung im Falle eines 45-jährigen Türken getroffen, der wegen Handeltreibens mit 12 Kilogramm Heroin im Jahre 1991 zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt wurde und insgesamt etwa acht Jahre in Haft war.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Sache zur nochmaligen Überprüfung der 1992 verfügten Ausweisung zurückverwiesen. Das Oberverwaltungsgericht Münster muss klären, ob der Kläger ein Aufenthaltsrecht nach Assoziationsrecht besitzt und ob sich die maßgebliche Sachlage in den letzten Jahren wesentlich verändert hat. Dabei wird das Oberverwaltungsgericht der Ausländerbehörde auch Gelegenheit geben müssen, erstmals Ermessenserwägungen anzustellen. Das gilt entsprechend in allen anderen bei den Verwaltungsgerichten anhängigen Ausweisungsverfahren von assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.08.2004
Quelle: Pressemitteilung Nr. 48/04 des BVerwG vom 03.08.2004