21.11.2024
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Dokument-Nr. 1592

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Bundesverwaltungsgericht Urteil26.02.2002

Assozia­ti­o­ns­ab­kommen und Ausweisung türkischer Staats­an­ge­höriger

Die Klägerin, eine seit 1983 im Bundesgebiet lebende türkische Staats­an­ge­hörige, wurde 1996 wegen Handels mit Heroin zur Deckung ihres Suchtbedarfs zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt und deshalb aus Deutschland ausgewiesen. Die Auslän­der­behörde stützte sich dabei auf Vorschriften des Auslän­der­ge­setzes 1990, nach denen ein zu einer solchen Freiheitsstrafe verurteilter Ausländer ohne Ermes­sens­be­tä­tigung zwingend oder in der Regel auszuweisen ist.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Der Bayerische Verwal­tungs­ge­richtshof vertrat die Auffassung, die von der Auslän­der­behörde herangezogenen Auswei­sungs­be­stim­mungen seien nach dem Zusatzprotokoll zum Assozia­ti­o­ns­ab­kommen EG/Türkei von 1972 nicht anwendbar. Das darin enthaltene sogenannte „Stillhaltegebot“ verbiete es der Bundesrepublik Deutschland, das Auswei­sungsrecht für türkische Staats­an­ge­hörige zu verschärfen. Eine Ausweisung ohne Ermes­sens­be­tä­tigung stelle aber eine unzulässige neue Beschränkung der Nieder­las­sungs­freiheit dar, da das frühere deutsche Ausländerrecht eine Ermes­sen­s­ent­scheidung erfordert habe.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht ist dem nicht gefolgt und hat das Urteil des Verwal­tungs­ge­richtshofs auf die Revision des Freistaats Bayern aufgehoben. Es steht nicht fest, ob sich die Klägerin überhaupt auf die Nieder­las­sungs­freiheit berufen kann. Denn diese setzt eine selbständige Tätigkeit voraus. Außerdem hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht einen Verstoß gegen die „Still­hal­te­klausel“ verneint. Die hier anzuwendenden Vorschriften, die eine Ausweisung im Regelfall vorsehen und nur für Ausnahmefälle eine Ermes­sen­s­ent­scheidung gebieten, wirken sich für die Klägerin und in ähnlichen Fällen tatsächlich nicht als Verschlech­terung aus. Die frühere Praxis ist insoweit nur typisierend festgeschrieben worden.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das Verfahren an den Verwal­tungs­ge­richtshof zurückverwiesen. Dieser wird die fehlenden Tatsa­chen­fest­stel­lungen nachholen und ggf. prüfen müssen, ob sich die Klägerin auf das Assozia­ti­o­nsrecht berufen kann und die Ausweisung danach aufrecht­zu­er­halten ist.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 10/02 des BVerwG vom 26.02.2002

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