22.11.2024
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Dokument-Nr. 1585

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Bundesverwaltungsgericht Urteil16.06.2004

Eigenständiges Aufent­haltsrecht für ausländische Ehegatten

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht in Leipzig hat heute auf die Sprungrevision eines türkischen Klägers hin entschieden, dass ihm nach dem mehr als zweijährigen Bestand seiner Ehe mit einer Deutschen ein eigenständiges, eheunabhängiges Aufent­haltsrecht zusteht.

Der Kläger heiratete 1994 in der Türkei eine Deutsche und reiste Ende Dezember 1994 zur Famili­en­zu­sam­men­führung nach Deutschland ein. Im Januar 1995 erhielt er im Hinblick auf seine Ehe eine Aufent­halt­s­er­laubnis, die im April 1998 um drei Jahre verlängert wurde. Nach den Feststellungen des Verwal­tungs­ge­richts trennten sich die Eheleute im Mai 1998. Ihre Ehe wurde im April 2000 in der Türkei geschieden. Die Auslän­der­behörde lehnte es im Mai 2001 ab, die Aufent­halt­s­er­laubnis auch nach dem Scheitern der Ehe weiter zu verlängern, da der Kläger lediglich etwa dreieinhalb Jahre und nicht, wie im Zeitpunkt der Trennung von der Ehefrau nach § 19 Abs. 1 Ausländergesetz noch erforderlich, mindestens vier Jahre mit seiner Ehefrau zusammengelebt hatte. Der Kläger berief sich darauf, dass der Bundes­ge­setzgeber die maßgebliche gesetzliche Regelung bereits mit Wirkung vom 1. Juni 2000 geändert und die Mindestdauer der ehelichen Lebens­ge­mein­schaft für ein eigenständiges Aufent­haltsrecht des ausländischen Ehegatten von vier Jahren auf zwei Jahre herabgesetzt hatte. In Rechtsprechung und Literatur ist seitdem umstritten, ob die Neuregelung aus dem Jahr 2000 auch auf solche "Altfälle" anzuwenden ist, in denen die Ehe, an die das Aufent­haltsrecht anknüpft, bereits zuvor gescheitert war.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat dies anders als die Auslän­der­behörde und das Verwal­tungs­gericht für den Fall des Klägers bejaht. Für seine Entscheidung ist maßgeblich, dass der Gesetzgeber für das Inkrafttreten der Neufassung des § 19 Abs. 1 Ausländergesetz am 1. Juni 2000 keine Überg­angs­vor­schrift erlassen hat, die zu diesem Zeitpunkt noch anhängige Verfahren von der Neuregelung ausnimmt. Etwas anderes ergibt sich auch weder aus dem Regelungsgehalt der Neufassung noch aus ihrer Entste­hungs­ge­schichte. Die vom Verwal­tungs­gericht und einzelnen Oberver­wal­tungs­ge­richten vertretene Ansicht, dass die Neufassung nicht auch bei Inkrafttreten der neuen Regelung bereits getrennt lebende oder geschiedene ausländische Ehegatten habe privilegieren wollen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Es hat aber betont, dass sich die Neuregelung nach ihrem zeitlichen Geltungswillen nur auf solche Fälle erstreckt, die bei ihrem Inkrafttreten noch nicht unangreifbar entschieden waren. Zum Wieder­auf­greifen vor dem 1. Juni 2000 bereits abgeschlossener Verfahren gibt die gesetzliche Regelung keinen Anlass.

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat das beklagte Land Berlin danach verpflichtet, die Aufent­halt­s­er­laubnis des Klägers nach § 19 Abs. 1 und 2 Ausländergesetz für ein weiteres Jahr zu verlängern und über den Verlän­ge­rungs­antrag im Übrigen nach Ermessen zu entscheiden.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 31/04 des BVerwG vom 16.06.2004

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