21.11.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 26927

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Bundesverwaltungsgericht Urteil15.01.2019

Stattgebender gerichtlicher Eilbeschluss führt zur Unwirksamkeit einer asylrechtlichen Un­zulässigkeits­entscheidungBundesamt für Migration und Flüchtlinge muss sich mit geäußerten ernstlichen Zweifeln des Gerichts ausein­an­der­setzen und Asylverfahren ab dem Zeitpunkt vor Ablehnung fortführen

Lehnt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - einen Asylantrag als unzulässig ab, weil dem Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der EU internationaler Schutz gewährt worden ist, wird diese Entscheidung mit einer stattgebenden Eilentscheidung des Verwal­tungs­ge­richts unabhängig von den Gründen der Stattgabe kraft Gesetzes unwirksam. Das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es sich vor der Ablehnung befunden hat, vom Bundesamt fortzuführen; dabei ist auch eine neuerliche Un­zulässigkeits­entscheidung nicht ausgeschlossen. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls, ein syrischer Staats­an­ge­höriger, erhielt im Oktober 2015 in Griechenland Flücht­lings­schutz. Anfang 2017 stellte er in Deutschland erneut einen Asylantrag. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt wegen der Gewährung internationalen Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat der EU als unzulässig ab (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG) und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Griechenland an.

Unzuläs­sig­keits­ent­scheidung und Abschie­bung­s­an­drohung nach stattgebendem Eilbeschlusses unwirksam

Das Verwal­tungs­gericht Gießen gab einem Eilantrag des Klägers statt. In der Hauptsache stellte es sodann fest, dass die Unzuläs­sig­keits­ent­scheidung und die Abschie­bung­s­an­drohung infolge des stattgebenden Eilbeschlusses nach § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG unwirksam geworden sind.

Unwirk­sam­keitsfolge tritt auch bei Zweifeln des Gerichts an Abschie­bung­s­an­drohung ein

Die dagegen gerichtete Sprungrevision der Beklagten wies das Bundes­ver­wal­tungs­gericht zurück. Die an eine stattgebende Eilentscheidung anknüpfende gesetzliche Unwirk­sam­keitsfolge des § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG gilt ausdrücklich auch für Unzuläs­sig­keits­ent­schei­dungen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn das Verwal­tungs­gericht im Eilverfahren ernstliche Zweifel nicht an der Rechtmäßigkeit der Unzuläs­sig­keits­ent­scheidung selbst, sondern nur an der Abschie­bung­s­an­drohung angenommen hat. Aus den Geset­zes­ma­te­rialien ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass es sich bei der mit dem Integra­ti­o­ns­gesetz 2016 angeordneten umfassenden Erstreckung der - vormals auf unbeachtliche Asylanträge beschränkten - Unwirk­sam­keitsfolge nach § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG auf Unzuläs­sig­keits­ent­schei­dungen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG lediglich um ein redaktionelles Versehen handelt.

Stattgegebener Eilantrag steht zeitnaher Abschiebung regelmäßig entgegen

Der Anwen­dungs­bereich des § 37 Abs. 1 AsylG kann auch nicht seinem Zweck nach (teleologisch) begrenzt werden, weil weder die ausdrückliche Einbeziehung von Unzuläs­sig­keits­ent­schei­dungen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG noch der Umstand, dass sich die Rechtswirkungen des § 37 Abs. 1 AsylG unabhängig von den Gründen, aus denen das Verwal­tungs­gericht einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stattgegeben hat, stets auch auf die Unzuläs­sig­keits­ent­scheidung erstrecken, der inneren Teleologie (Zielsetzung) der Regelung widersprechen. Die Regelungen der §§ 35 ff. AsylG dienen der beschleunigten Aufent­halts­be­en­digung bei anderweitiger Verfol­gungs­si­cherheit. Gibt das Verwal­tungs­gericht einem Eilantrag wegen ernstlicher Zweifel statt, steht dies einer zeitnahen Abschiebung regelmäßig entgegen. In diesem Fall soll nicht der Ausgang des gerichtlichen Haupt­sa­che­ver­fahrens abgewartet werden, sondern ist das Bundesamt nach § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet. Dabei muss sich das Bundesamt mit den vom Verwal­tungs­gericht im Eilverfahren geäußerten ernstlichen Zweifeln ausein­an­der­setzen, ist aber an dessen Bewertung nicht gebunden. Liegen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG weiterhin vor, ist erneut eine Unzuläs­sig­keits­ent­scheidung zu treffen.

Vermeidung einer "Endlosschleife" im Verfahren

Die Entschei­dungs­in­strumente, die das Asylgesetz zur Verfügung stellt, ermöglichen dem Bundesamt für diese Konstellation, eine "Endlosschleife" im Verfahren zu vermeiden. So kann es eine rechts­grund­sätzliche Klärung in einem gerichtlichen Haupt­sa­che­ver­fahren dadurch herbeiführen, dass es entweder ausnahmsweise vom Erlass einer Abschie­bung­s­an­drohung nach § 34 Abs. 2 AsylG bis zu einer endgültigen gerichtlichen Überprüfung seiner erneuten Unzuläs­sig­keits­ent­scheidung in einem Haupt­sa­che­ver­fahren absieht oder eine Abschie­bung­s­an­drohung erlässt, deren Vollzug aber bis zu einer rechts­grund­sätz­lichen Klärung nach § 80 Abs. 4 VwGO aussetzt. Objektiv nicht im Einklang mit dem Asylgesetz steht indes die Praxis des Bundesamtes, bei einer auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gestützten Unzuläs­sig­keits­ent­scheidung unter Rückgriff auf § 38 Abs. 1 AsylG die Abschie­bung­s­an­drohung mit einer bei Klageerhebung erst nach Unanfecht­barkeit laufenden 30-tägigen Ausreisefrist zu verbinden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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