03.12.2024
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Dokument-Nr. 13378

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Urteil19.04.2012BundesverwaltungsgerichtBVerwG 1 C 10.11
Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Berlin, Urteil02.07.2010, 19 K 46.10
  • Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil30.03.2011, 12 B 15.10
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil19.04.2012

Assozia­ti­o­ns­recht­liches Aufent­haltsrecht für türkische Arbeitnehmer bei geringfügiger Beschäftigung möglichTürkin geht geringfügiger Beschäftigung als Raumpflegerin nach

Auch ein geringfügiges Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis mit einer geringen Woche­n­a­r­beitszeit kann türkischen Staats­an­ge­hörigen ein assozia­ti­o­ns­recht­liches Aufent­haltsrecht vermitteln. Dies hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) entschieden.

Der Entscheidung liegt der Fall einer inzwischen 45jährigen türkischen Staats­an­ge­hörigen zugrunde, die Mitte 2000 im Wege des Famili­en­nachzugs nach Deutschland kam. Ihr wurde wegen ihrer Ehe mit einem türkischen Staats­an­ge­hörigen eine befristete Aufent­halt­s­er­laubnis erteilt. Nach Trennung von ihrem Ehemann nahm die Klägerin im Juni 2004 eine geringfügige Beschäftigung als Raumpflegerin im Umfang von 5 ½ Wochenstunden auf. Ihren Antrag auf Verlängerung der Aufent­halt­s­er­laubnis lehnte die Auslän­der­behörde im Februar 2008 wegen des Bezugs ergänzender Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozial­ge­setzbuch (SGB II) ab. Während des gerichtlichen Verfahrens erweiterte die Klägerin das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis im Mai 2008 auf 10 Wochenstunden. Seitdem erhält sie auch keine Sozia­l­leis­tungen mehr. Das Verwal­tungs­gericht hat den Beklagten nach Einholung einer Vorab­ent­scheidung des EuGH (Urteil vom 4. Februar 2010 - Rs. C-14/09) zur Auslegung des Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assozia­ti­o­nsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation - ARB Nr. 1/80 - verpflichtet, der Klägerin eine Aufent­halt­s­er­laubnis auszustellen, weil sie nach dieser Bestimmung ein assozia­ti­o­ns­recht­liches Aufent­haltsrecht erworben habe. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat diese Entscheidung bestätigt.

Klägerin steht assozia­ti­o­ns­recht­liches Aufent­haltsrecht zu

Der 1. Revisionssenat des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Der Klägerin steht aufgrund ihrer langjährigen geringfügigen Beschäftigung als Arbeitnehmerin ein assozia­ti­o­ns­recht­liches Aufent­haltsrecht nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB Nr. 1/80 zu.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Klägerin trotz der Woche­n­a­r­beitszeit von zunächst 5 ½ Stunden und des vorübergehenden ergänzenden Bezugs öffentlicher Mittel zur Bestreitung des Lebens­un­terhalts als Arbeitnehmerin im Sinne dieser Bestimmung anzusehen. Der Arbeit­neh­mer­begriff ist nach der Rechtsprechung des EuGH unionsrechtlich auszulegen. Arbeitnehmer ist jeder, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisungen ausübt und hierfür eine Vergütung erhält. Dabei bleiben Tätigkeiten außer Betracht, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Die hierfür erforderliche Gesamtbewertung fiel zu Gunsten der Klägerin aus. Dabei war neben der vereinbarten Woche­n­a­r­beitszeit von zunächst 5 ½, später 10 Stunden auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Beschäftigung im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungs­gericht bei demselben Reini­gungs­un­ter­nehmen seit fast sieben Jahren ausübte und nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts von Anfang an Anspruch auf den Tariflohn und weitere tarif­ver­tragliche Vergünstigungen hatte.

Quelle: ra-online, Bundesverwaltungsgericht (pm/pt)

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