03.12.2024
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Dokument-Nr. 32628

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Bundesverwaltungsgericht Urteil02.02.2023

Fahrten­buch­anordnung - Verwertbarkeit einer Geschwin­digkeits­messungGeschwin­digkeits­messung auch bei verweigerten Zugang zu Rohmessdaten verwertbar

Wendet sich der Adressat einer Fahrten­buch­anordnung gegen die Verwertbarkeit der Geschwin­digkeits­messung mit einem standa­r­di­sierten Messverfahren, kann er sich nicht mit Erfolg auf die teilweise Verweigerung des Zugangs zu Rohmessdaten berufen, wenn er nicht seinerseits alles ihm Zumutbare unternommen hat, um diesen Zugang zu erhalten. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger, gegen den die Anordnung ergangen war, ein Fahrtenbuch zu führen, begehrt nach deren Erledigung die Feststellung, dass die Anordnung rechtswidrig war. Im Dezember 2018 wurde auf der Bundesautobahn A 8 mit einem mobilen Lasermessgerät des Typs VITRONIC Poliscan FM 1 gemessen, dass mit dem auf den Kläger zugelassenen PKW die dort zulässige Höchst­ge­schwin­digkeit von 80 km/h um 41 km/h (nach Toleranzabzug) überschritten wurde. Der Fahrer des Fahrzeugs konnte nicht festgestellt werden. Daraufhin gab der Beklagte dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs auf, für die Dauer von sechs Monaten ein Fahrtenbuch zu führen. Der Kläger kam der Anordnung nach. Seine nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage mit dem Antrag, die Rechts­wid­rigkeit der Anordnung festzustellen, hat er damit begründet, dass die Geschwindigkeitsmessung nicht verwertbar sei, da das Messgerät keine Rohmessdaten speichere. Das Verwal­tungs­gericht hat die Klage abgewiesen.

OVG: Zugang zu Rohmessdaten nicht rechtzeitig beantragt

Im Berufungs­ver­fahren hat das Oberver­wal­tungs­gericht des Saarlandes festgestellt, dass das Messgerät die Rohmessdaten gespeichert hatte. Der Kläger hat daraufhin geltend gemacht, diese Daten würden ihm von der Bußgeldstelle nicht vollständig zur Verfügung gestellt, obwohl das für eine effektive Rechts­ver­folgung erforderlich sei. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Behörden und Gerichte dürften auch bei der Entscheidung über eine Fahrten­buch­a­n­ordnung die Ergebnisse standa­r­di­sierter Messverfahren zugrunde legen, solange der Betroffene keine substanziierten Einwände gegen die Richtigkeit der Messung erhebe. Um dem Betroffenen die Möglichkeit zu geben, deren Richtigkeit zu überprüfen, gebiete das Recht auf ein faires Verfahren, ihm Zugang zu Rohmessdaten zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts müsse der Betroffene diesen Zugang aber rechtzeitig beantragt haben. Das sei hier nicht geschehen. Der Kläger habe seinen Antrag auf Zugang bei der Bußgeldstelle erst gestellt, als die Geltungsdauer der Fahrten­buch­a­n­ordnung bereits abgelaufen gewesen sei.

BVerwG: Geschwin­dig­keits­messung auch ohne Rohmessdaten verwertbar

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Nach § 31 a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) setzt eine Fahrten­buch­a­n­ordnung u.a. eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrs­vor­schriften voraus. Mit seinem Einwand, die Geschwin­dig­keits­messung sei nicht verwertbar, da ihm nicht auch die Rohmessdaten Dritter zur Überprüfung der Messung zur Verfügung gestellt worden seien, hatte der Kläger keinen Erfolg. Allerdings stand die Annahme des Berufungs­ge­richts, der Betroffene müsse den Zugang zu solchen Daten vor Ablauf der Geltungsdauer der Fahrten­buch­a­n­ordnung beantragt haben, nicht im Einklang mit Bundesrecht. Eine solche zeitliche Grenze lässt sich den maßgeblichen bundes­recht­lichen Regelungen nicht entnehmen.

Nicht alles Zumutbare zur Anspruchs­durch­setzung getan

Doch stellte sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen als richtig dar. Konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler hatte der Kläger nicht - wie erforderlich - aufgezeigt. Ist bei einer Geschwin­dig­keits­messung ein standa­r­di­siertes Messverfahren zum Einsatz gekommen, folgt aus dem Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 20 Abs. 3 GG) zwar im Grundsatz ein Anspruch auch des von einer Fahrten­buch­a­n­ordnung Betroffenen auf Zugang zu bei der Bußgeldstelle vorhandenen Daten. Es obliegt jedoch ihm, alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um seinen Zugangsanspruch geltend zu machen und durchzusetzen. Nur wenn er das getan hat, kann es ein Gebot des fairen Verfahrens sein, ihm nicht die Möglichkeit zu nehmen, auf der Grundlage der begehrten Informationen konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler vorzutragen. Der Kläger hat nicht alles ihm Zumutbare getan, um an die gewünschten Daten zu gelangen.

Kläger hätte rechtliche Schritte einleiten müssen

Die Bußgeldstelle hat ihm u.a. die seinen PKW betreffenden Rohmessdaten zur Verfügung gestellt, nicht aber - wie beantragt - zusätzlich die Rohmessdaten der gesamten Messreihe, also nicht auch die Daten zu anderen Verkehrs­teil­nehmern und die Statistikdatei. Rechtliche Schritte, um den behaupteten umfassenden Zugangsanspruch gegenüber der Bußgeldstelle durchzusetzen, hat er nicht unternommen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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