21.11.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil16.06.2020

BVerwG: Besitz kinder­pornografischen Bildmaterials rechtfertigt Entlassung eines Justiz­vollzugs­beamtenFür Justiz­voll­zug­beamte gilt ein weiter reichender Orien­tie­rungs­rahmen

Bei einer Diszi­pli­na­rklage gegen einen Justiz­vollzugs­beamten wegen des Besitzes kinder­pornografischen Bildmaterials reicht der Orien­tie­rungs­rahmen für die Bemessung der Diszi­pli­n­a­r­maßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamten­ver­hältnis. Das hat das Bundes­verwaltungs­gericht in Leipzig heute entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der beklagte Beamte ist Justiz­voll­zugs­beamter des klagenden Landes. Im August 2013 wurde u.a. auf einem privaten Computer des Beklagten eine Vielzahl kinderpor­no­gra­fischer Bilder und Videos entdeckt. Durch Strafbefehl wurde gegen den Beamten wegen öffentlichen Zugäng­lich­machens von kinderpor­no­gra­fischem Material gemäß § 184 b Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. eine Gesamt­frei­heits­strafe von elf Monaten festgesetzt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

VG entschied auf Zurückstufung n das nächst­nied­rigere Amt

Mit seiner daraufhin erhobenen Diszi­pli­na­rklage strebt das klagende Land die diszi­pli­na­r­ge­richtliche Entfernung des Beamten aus dem Beamten­ver­hältnis an. Das Verwal­tungs­gericht ist nach eigener Sachaufklärung und abweichend von dem Strafbefehl lediglich vom Besitz kinderpor­no­gra­fischen Materials gemäß § 184 b Abs. 4 StGB a.F. ausgegangen und hat auf eine Zurückstufung des Beamten in das nächst­nied­rigere Amt erkannt. Die dagegen gerichtete Berufung des Landes hat das Oberver­wal­tungs­gericht zurückgewiesen.

BVerwG: Verstoß gegen Pflicht zu achtungs- und vertrau­ens­ge­rechtem Verhalten begründet Entfernung aus dem Beamten­ver­hältnis

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und den Beamten aus dem Beamten­ver­hältnis entfernt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hatte der Beamte über 1000 Bilddateien mit kinderpor­no­gra­fischem Material auf verschiedenen privaten Medien gespeichert. Damit hat er gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrau­ens­ge­rechtem Verhalten verstoßen. Dieses Fehlverhalten, obwohl außerdienstlich begangen, ist diszi­pli­na­r­würdig, weil es zum Tatzeitpunkt strafrechtlich mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden konnte. Bei einem Strafdelikt mit dieser Strafandrohung reicht der Orien­tie­rungs­rahmen für die diszi­pli­na­r­ge­richtliche Ahnung im Allgemeinen nur bis zu einer Zurückstufung in ein niedrigeres Amt. Dagegen gilt ein weiter reichender Orien­tie­rungs­rahmen bis hin zur Entfernung aus dem Dienst, wenn der Besitz des kinderpor­no­gra­fischen Materials einen hinreichenden Bezug zu dem Statusamt des Beamten aufweist.

Weiter reichende Orien­tie­rungs­rahmen gilt auch für Justiz­voll­zugs­beamte

Letzteres hat das Bundes­ver­wal­tungs­gericht bislang zum einen bei Lehrern (v.a. wegen ihrer Obhutspflicht für die ihnen anvertrauten Kinder) und zum anderen bei Polizei­voll­zugs­beamten (weil diese Straftaten zu verhindern haben) bejaht. Dieser weiter reichende Orien­tie­rungs­rahmen gilt auch für Justiz­voll­zugs­beamte. Dies beruht u.a. auf der Erwägung, dass - würde ihr Fehlverhalten bekannt - dies zu einem Achtungs- und Autori­täts­verlust führte, der es ausschließt, sie statusamtsgemäß zur Aufrecht­er­haltung von Sicherheit und Ordnung in einer Justiz­voll­zugs­anstalt einzusetzen. Bei einem möglichen, ebenfalls status­amts­gemäßen Einsatz in einer Jugend­s­traf­voll­zugs­anstalt können sogar Jugendliche ab 14 Jahren in ihrer Obhut sein.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)

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