22.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss07.05.2010

BVerfG weist Eilantrag gegen Griechenland-Hilfe abEinstweilige Anordnung zur Verhinderung der Gewäh­run­g­leis­tungs­übernahme für Kredite an Griechenland wird nicht erlassen

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat einen Eilantrag von fünf Professoren für einen Stopp der Griechenland-Hilfe abgelehnt. Ein Verschieben der deutschen Hilfen bis zu einem endgültigen Urteil über die Klage könne das Rettungspaket insgesamt gefährden. Damit hat das Gericht den Weg für die umstrittene deutsche Griechenland-Hilfe frei gemacht.

Die schwierige finanzielle Lage Griechenlands und die daraus resultierenden Unruhen auf den Finanzmärkten führten dazu, dass sich die Staats- und Regierungschefs der Euroländer im März 2010 grundsätzlich bereit erklärten, Griechenland zusätzlich zu einer Finanzierung durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) mit eigenen bilateralen Darlehen zu unterstützen. Über die Einzelheiten und Bedingungen eines Hilfspakets verhandelte im Anschluss die EU-Kommission unter Einbindung der Europäischen Zentralbank (EZB) mit dem IWF und mit Griechenland. Eine Unterstützung für Griechenland sollte erst dann erfolgen, wenn diese tatsächlich nötig sein sollte. Die am Hilfspaket beteiligten Staaten sollten dann über die Auszahlungen entscheiden. Am 23. April 2010 beantragte Griechenland Finanzhilfen der Staaten der Euro-Gruppe und des IWF. Die Staaten der Euro-Gruppe beschlossen am 2. Mai 2010, im Zusammenhang mit einem dreijährigen Programm des IWF mit einem geschätzten Gesamt­fi­nan­zie­rungs­bedarf in Höhe von 110 Milliarden Euro bis zu 80 Milliarden Euro als Finanzhilfe an Griechenland in Form von koordinierten bilateralen Krediten bereitzustellen, davon bis zu 30 Milliarden Euro im ersten Jahr. Die Finanzhilfe der Euro-Gruppe soll im Rahmen einer strengen Konditionalität zur Verfügung gestellt werden, die vom IWF und der EU-Kommission unter Einbindung der EZB mit Griechenland ausgehandelt wurde. Um die erforderlichen Maßnahmen auf nationaler Ebene zu treffen, verabschiedete der Deutsche Bundestag am 7. Mai 2010 ein Gesetz zur Übernahme von Gewähr­leis­tungen zum Erhalt der für die Finanz­sta­bilität in der Währungsunion erforderlichen Zahlungs­fä­higkeit der Hellenischen Republik. Dieses Gesetz ermächtigt die Bundesregierung, Gewähr­leis­tungen zur Absicherung von Krediten bis zu einer Höhe von insgesamt 22,4 Milliarden Euro für Kredite an die Hellenische Republik zu übernehmen. Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Der auf Deutschland entfallende Anteil an den Hilfsmaßnahmen soll von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ausgereicht werden.

Verfas­sungs­be­schwerde erhoben

Die Beschwer­de­führer haben am 7. Mai eine Verfassungsbeschwerde verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erhoben. Sie beantragen im Wesentlichen, der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen, zur Stabilisierung des Europäischen Währungsraums Finanzhilfen an die Hellenische Republik zu gewähren.

Bei Erlass einer einstweiligen Anordnung drohen schwere Nachteile für Deutschland

Der Zweite Senat des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hat dem Antrag der Beschwer­de­führer auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht entsprochen. Bei der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gebotenen Folgenabwägung legt das Bundes­ver­fas­sungs­gericht einen strengen Maßstab an. Die insoweit erforderliche Abwägung ergab, dass der Allgemeinheit schwerere Nachteile drohen würden, wenn die einstweilige Anordnung ergehen würde und sich die Übernahme der Gewähr­leis­tungen später als verfas­sungs­rechtlich zulässig erweisen würde. Die Bundesrepublik Deutschland müsste in diesem Fall ihre Mithilfe an den Notmaßnahmen zum Erhalt der Zahlungs­fä­higkeit der Hellenischen Republik gerade dann abbrechen, wenn sie gefordert ist. Dies würde nicht nur durch bisheriges Verhalten genährte Erwartungen der Partner im Euro-Währungsgebiet enttäuschen. Die Unauf­schieb­barkeit der Maßnahme und das Volumen des dann fehlenden Hilfsanteils würde vor allem die Reali­sier­barkeit des Rettungspaketes insgesamt in Frage stellen.

Drohende Zahlungs­un­fä­higkeit Griechenlands gefährdet Stabilität der gesamten Europäischen Währungsunion

Damit entstünden nach Auffassung der Bundesregierung der Allgemeinheit voraussichtlich schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile. Sollte das mit dem Währungsunion-Finanz­sta­bi­li­täts­gesetz verfolgte Ziel verfehlt werden, mithin eine unmittelbar drohende Zahlungs­un­fä­higkeit Griechenlands nicht abgewendet werden können, wäre nach Auffassung der Bundesregierung die Stabilität der gesamten Europäischen Währungsunion gefährdet. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat keine hinreichenden Anhaltspunkte, die zu der Annahme zwingen, dass die währungs- und finanz­po­li­tische Einschätzung der Bundesregierung fehlerhaft ist. Unter den Verfas­sungs­organen ist vor allem die Bundesregierung dazu berufen, derartige Einschätzungen vorzunehmen, die das Bundes­ver­fas­sungs­gericht nur eingeschränkt kontrollieren kann.

Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Bundes ist eher gering

Demgegenüber wiegen die Nachteile weniger schwer, die entstehen, wenn die einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, die vereinbarte Mitwirkung an den Finanzhilfen sich später aber als unzulässig erweist. Ein wesentlicher Schaden erwächst dem Gemeinwohl nicht aus der Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Bundes im Eintrittsfall, deren Wahrschein­lichkeit die Bundesregierung für gering hält. Das potentielle Haftungsrisiko wird nach Einschätzung der Bundesregierung aufgewogen durch eine Verringerung der aktuellen Risiken für den Bundeshaushalt, die sich aus der Finan­zin­sta­bilität in der Europäischen Währungsunion ergeben könnten. Insoweit vermiedene Schäden in volks­wirt­schaft­licher Größenordnung müssen wenigstens saldierend berücksichtigt werden. Die Beschwer­de­führer haben keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass demgegenüber insbesondere ihr Recht aus Art. 14 GG unmittelbar gerade in Folge der gewährleisteten Kreditgewährung schwer und irreversibel beeinträchtigt werden könnte.

Quelle: ra-online, Bundesverfassungsgericht

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